Tuesday 30 July 2013

Die Wissenschaft vom Kritzeln




Was die Strichelzeichnungen so unscheinbar macht, ist zugleich das Interessanteste an ihnen: Sie entstehen komplett nebenbei. Während der Geist mit anderem beschäftigt ist, zieht die Hand Linien aufs Papier, direkt am Verstand vorbei. [...] Der Psychologe Georg Franzen schwärmt: »Die gestaltenden Kräfte, die sich in den Kritzeleien manifestieren, sind im Grunde dieselben, die auch in unseren Träumen am Werk sind. Weil keine Selbstbeobachtung stattfindet, ist das Ergebnis so gewichtig. Es stimmt mit der inneren Natur und der momentanen innerseelischen Stimmung des Verfassers überein. Kritzeleien lassen einen Lebensprozess der Seele sichtbar werden.«

 Nach seiner (Professor Alfred Gebert, Psychologe) Beobachtung kann man verschiedene Motive unterscheiden: »Kreise, Ellipsen, Kurven oder Spiralen sprechen für schüchterne oder ängstliche Menschen. Herzen zeigen, dass man verliebt ist, Zacken und Spitzen deuten auf Aggressivität. Ausnahme sind nur Sterne, die zeigen keine Aggression, sondern dass jemand hoch hinaus will; er ist eifrig, ein Traumtänzer. Dreiecke, Quadrate oder Rechtecke deuten auf Leute, die Prob-leme rational lösen. Emotionen kommen da eher zu kurz. Wer Blumen zeichnet, liebt Harmonie und arbeitet gerne im Team. Gesichter malen kann nicht jeder, aber wer es kann, zeigt, dass er gesellig ist und Humor hat.«

Zu ähnlichen deutlichen Ergebnissen kommen die Hildesheimer Forscher Norbert Hilbig und Inge Titze. Sie haben Schulbank-Kritzeleien untersucht und fanden, dass sie die vorherrschenden Gefühle der Schüler spiegeln: Aggression gegen Lehrer und Fantasien von Freiheit und Getragensein. Schiffe, Flugzeuge oder Inseln im Ozean deuten die Forscher als Fluchtfantasien, geometrische Figuren als »ruhige, sichere Gebilde«, die den Wunsch zeigen, solche Eigenschaften in seinem Leben wiederzufinden.

Quelle

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