Wednesday 26 September 2012

Vogel am Fenster



























An das Fenster klopft es: "Pick! pick!
Macht mir doch auf einen Augenblick.
Dick fällt der Schnee, der Wind geht kalt,
Habe kein Futter, erfriere bald.
Liebe Leute, o laßt mich ein.
Will auch immer recht artig sein."
Sie ließen ihn ein in seiner Not;
Er suchte sich manches Krümchen Brot,
Blieb fröhlich manche Woche da.
Doch als die Sonne durchs Fenster sah,
Da saß er immer so traurig dort;
Sie machten ihm auf: husch war er fort!

Wilhelm Hey


Quelle Gedicht » Deutsche Gedichtebibliothek
Quelle Foto » Canax vom Sony Userforum 

Sunday 23 September 2012

Anleitung um die Welt zu verändern

Ach so, so geht das ...





Warum Blogs so gefährlich sind


Viele Autoren, gerade auch kleiner Blogs, leisten mehr zur Aufklärung
und politischen Willensbildung in diesem Lande, als ihnen bewusst ist.
21.09.12


Analyse – Wie es um die Freiheit eines Landes bestellt ist, lässt sich unschwer daran erkennen, in welchem Umfang es seinen Bürgern gestattet, Kunst, Kultur und Lebensart zu genießen. Diese drei Pflänzchen gedeihen nur in Freiheit, sonst nirgends. In dem Maße, in dem die hohe, darstellende Kunst zur brotlosen Kunst verkommt, weil die Gelder für den Theaterbetrieb gestrichen werden, weicht die Freiheit von Kunst und Kultur der Freiheit der Märkte ebenso wie das savoir vivre, die Kunst, zu leben. Die perfide Absicht dahinter zielt weniger auf die Einsparung von Kulturfördermitteln als vielmehr auf die Kanalisierung von Kreativität und Vielfalt einer Bevölkerung zugunsten der Industrie.

Die Köpfe einer solch modernen Industriegesellschaft wie der unsrigen haben kein Interesse an Dingen wie Freiheit, Solidarität, Kreativität, Vielfalt oder gar Chaos. Was diese Dinge auszurichten vermögen, beweisen jeden Herbst fünf- bis zehntausend Castorgegner, die etwa 20.000 Polizisten höchst kreativ an der Nase herumführen. Dort wo Widerstand, Kreativität und Vielfalt zusammenfinden, entsteht etwas völlig Neues mit einer ungeheuren Eigendynamik. Ein gemeinsamer Geist, eine hochkreative Schwarmintelligenz, zugleich beseelt mit einem Schwarmempfinden der Solidarität und Gemeinsamkeit. Dagegen kann die Staatsgewalt nur wenig ausrichten und das gefällt ihr nicht. Daher geht sie mit größter Hinterlist dagegen vor.

Eine mögliche Strategie ist die Brutalisierung des Arbeitsmarktes. Seit in den Siebzigern Millionen von Menschen gegen Pershings, Startbahn West, Brokdorf und Wackersdorf auf die Straße gegangen waren, tragen Polizisten bei Demos Knie- und Schienbeinschützer, Staatsbeamte hingegen das “P” in den Augen, wenn sie sehen, wie sich ziviler Ungehorsam zusammenrottet. Um dem entgegenzuwirken wurden Heerscharen von sogenannten Gastarbeitern aus dem europäischen Ausland und später auch aus der Türkei nach Deutschland eingeladen. Nötig gewesen wäre dies nicht, es gab bereits mehr als genügend gesunde Hände, die das vorhandene Arbeitspensum hätten bewältigen können, auch wenn mir diese Entscheidung eine Reihe guter Freunde beschieden hat. Wie Altkanzler Helmut Schmidt einst am Rande eines Interviews erwähnte, diente diese Maßnahme lediglich einem einzigen Grund. Das Lohnniveau zu drücken und die Angst vor drohender Arbeitslosigkeit zu schüren. Auch Friedrich Flick verkündete 1983 auf einer Auktionärstagung in Düsseldorf die berüchtigten Worte: „Je mehr Arbeitslose wir haben, desto höher ist die Arbeitsmoral und desto weniger drücken uns die Lohnkosten.“ Dies gelang in den darauffolgenden Jahren mehr als nachhaltig. Unter Kohl wurden einstige Beschäftigungsbetriebe zu seelenlosen Automatenparks umstrukturiert und hunderttausende Menschen verloren Ihren Arbeitsplatz. Bis dahin war noch unterschieden worden in Arbeitsplätze und Jobs. Unter letzteren verstand man kurze und gelegentliche Hilfstätigkeiten. Heute gibt es nur noch Jobs. Und selbst die wurden in den darauffolgenden Jahren millionenfach ins Ausland verlagert. Das hatte Folgen, die durchaus gewollt sind.

Die gesamte Kreativität der Arbeitnehmer wird durch den unmenschlichen Arbeitsmarkt okkupiert und auf den Vorteil der Firma gelenkt. Wenn ein Mensch mit einer Vollzeitstelle heutzutage etwas denkt, dann drehen sich diese Gedanken zumeist nur um eines, die Firma. Und zumeist werden diese Gedanken begleitet von Gefühlen der Sorge und der Beklommenheit. Da bleibt für Gedanken des Widerstandes wenig Raum und die Unterordnung unter das System erfolgt zumeist komplett. Sollte noch ein kleiner Rest von innerlicher Vielfalt bei einem Menschen übrig sein, so wird dieser ersetzt durch den künstlich gezüchteten Wunsch nach Mode, Trendbefriedigung und die Stimulierung des Belohnungszentrums durch Einkäufe. Ein kurzes Gewitter in unserer Großhirnrinde, das wenige Meter hinter der Kasse bereits folgenlos verrauscht ist. Glückshormone werden im Körper schnell durch die Freisetzung entsprechender chemischer Antagonisten abgebaut, ein neuer Gang zur Kasse wird erforderlich. Der Mensch lebt nicht mehr, er wird gelebt – und zwar von oben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er seine Nivellierung nicht bemerkt. Er lebt in der Illusion, glücklich und frei zu sein. Dabei wird seine Kreativität, ebenso wie sein Glück, lediglich auf den Erwerb von vorgefertigten Waren und den Umsatz seines Chefs gelenkt.

Was hat solch ein Realitätssklave nun mit Bloggern zu tun. Gar nichts und zugleich viel. Denn die meisten Blogger haben Zeit. Die benötigen sie auch, denn es genügt nicht, schöne Beiträge zu verfassen. Sie müssen sich auch auf dem Laufenden halten und tagtäglich viele Seiten, Meldungen und Artikel durchstreifen auf der Suche nach Informationen für das eigene Blog. Wer in Deutschland viel Zeit hat, hat dafür wenig Geld. Wer viel bloggt, gibt wenig aus. Politische Blogger werden daher weder zwischen kompletter beruflicher Selbstaufgabe noch Konsumzwang zermahlen wie zwischen zwei Mühlsteinen. Ihre Kreativität kann weder von Pfeffersäcken ausgebeutet noch von Psychostrategen kanalisiert werden. Dadurch werden Blogger in ihrer Gesamtzahl zu einer Gefahr, denn sie sind im Begriff, zur Meinungsmacht aufzusteigen. Auch wenn es sich nur um einige Zehntausend kleiner Blogs handelt, erreichen sie dennoch viele Millionen Menschen in Deutschland. Menschen, die keine Zeit haben und froh sind, abends etwas lesen zu können, das ihre inneren Werte auf’s neue belebt.

Bei den Massenmedien ist dies nicht anders. Obwohl Stern, Fokus und Spiegel sehr wohl meinungsbildend sind, haben sie im Grunde vergleichsweise kleine Monatsauflagen, verglichen mit der Masse, die sie erreichen. So beträgt die Auflage des Stern gerade einmal 825.903 Exemplare, Tendenz fallend. Ebenso der Fokus, 541.259 Ausgaben, selbe Tendenz. Am meisten verkauft der Spiegel mit 944 394 Exemplaren, dessen Auflage ebenfalls beständig schrumpft. Die Rechnung lautet: Eine Ausgabe = ein Leser. Zum Vergleich. Freeman mit seinem Blog ASR erreicht diese Leserzahl an nur einem einzigen Tag mit 84.537 Seitenaufrufen. In einem Monat erreicht Freeman etwa dreieinhalb Millionen Leser mit seinem Blog. Nicht zu vergessen die unzähligen kleineren Blogs, die Ping Backs, übernommene Artikel unter einer CCL oder einfach nur die Buschtrommel: „Hast Du schon gelesen, was da und da steht?“ Kurzum, die Blogszene schreibt frech, witzig, kreativ, vielfältig und vor allem KOSTENLOS gegen eine teure, dröge und verlogene Meinungsverbiegungsmaschinerie an und dies mit zunehmendem Erfolg. Denn wie die Massenmedien beweisen, genügt eine Auflage von unter einer Million monatlich völlig, um etwa 80 Millionen Menschen zu beeinflussen. Diesem bisherigen Einfluss gesellt sich nun der Einfluss der Netzwelt hinzu und dies in zunehmendem Umfang. Auf legalem Weg kann man nichts dagegen tun. Blogger sind wie Zahnpasta, die jemand aus der Tube gedrückt hat und die man beim besten Willen nicht in selbige zurück bekommt. Der Geist ist aus der Flasche und auf dem Weg, mit Witz, Kreativität und Charme die Köpfe und Herzen der Menschen zurückzugewinnen für eine menschlichere, aufgeklärte Gesellschaft. Und die Chancen stehen gut, dass es gelingt.


Quelle



Wednesday 12 September 2012

Das Internet verlassen ─►




 
    1. Schließe alle offenen Seiten und beende dein Internetprogramm
    2. Fahre das Betriebssystem deines Rechners ordnungsgemäß herunter
    3. Schalte Computer, Monitor, ggf Drucker und Modem aus
    4. Nimm in mehreren Stufen Kontakt mit deiner Außenwelt auf:


Stufe 1  
Öffne ein Fenster und atme die frische Luft ein. Achtung, das Fenster lässt sich jetzt nicht mehr verschieben und auch Helligkeit und Kontrast lassen sich nicht mehr verstellen. Ebenfalls die Lautstärke: auf die kannst du keinen Einfluss mehr nehmen. Nimm alles so, wie es ist. Die Geräusche sind keine Simulation, alles ist real!

Stufe 2 
Geh ein paar Schritte durch das Zimmer. Was sich unter dir bewegt, sind deine Beine, also keine Panik. Bisher läuft alles normal!

Stufe 3
Schau dich um, ob noch jemand in deiner Nähe ist, ob sich etwas bewegt. Gehe darauf zu und sprich es an. Eine Tastatur ist hierfür nicht erforderlich. Antwortet dein Gesprächspartner? Wenn ja, dann sei jetzt bitte äußerst vorsichtig, denn das ist kein Forum und auch kein Chatroom. Überlege dir also bitte genau, was du sagen willst. Beleidigungen können jetzt zu körperlichen Schäden führen!

Stufe 4
Versuche, Nahrung zu dir zu nehmen. Dazu öffnest du bitte alle Schranktüren. Sollte in einem Schrank ein Licht angehen, dann hast du dein Ziel erreicht, den Kühlschrank gefunden. Schau hinein, ob etwas Essbares vorhanden ist. Wenn du Cookies findest, versuche sie gar nicht erst zu löschen, bei allen anderen Dingen achte bitte auf das Verfallsdatum.

Stufe 5
Verlass jetzt das Haus, um den Schrank mit Licht wieder aufzufüllen. Achtung, wenn dir alles fremd vorkommt, dann bitte jemanden, dich bis zum Lebensmittelgeschäft zu begleiten. Schau dich um, die Autos sind alle echt. Überquere die Straße erst, wenn diese wirklich frei ist. So unwahrscheinlich es klingt, hier hast du nur ein Leben. Speichern und Neustart hilft hier nicht und du wirst auch keinen Händler finden, der dir Heilkräfte verleiht.

Stufe 6
Sollten dir auf dem Rückweg kleine Kinder entgegen kommen und immer wieder "Papa, Papa!" oder "Mama, Mama!" rufen, kann es sich nur um deine eigenen handeln. Tja, die kleinen Racker haben dich wirklich nicht mehr so gut in Erinnerung, aber macht nichts, wenn dir erst einmal die Namen wieder eingefallen sind, wirst du dich an sie recht schnell gewöhnen. Frag sie, wo ihr Zuhause seid, aber Achtung: in der Adresse gibt es kein dot-com und auch keine Toplevel-Domain.

Stufe 7
Wieder zu Hause angekommen, setzt du dich einfach mal gemütlich in einen Sessel - nein, nicht in den vor dem Computer!!!

Klasse, bald hast du es geschafft. Nun lies einige Seiten in einem Buch. Bücher, das sind die dicken, schweren Dinger, die man aufklappen kann. Manche haben sogar schöne bunte Bilder, das Schwarze nennt man Buchstaben. Na, merkst du, wie beim Lesen oben die Birne arbeitet? Das sind Gedanken, die sich zurückmelden. Es nützt allerdings nichts, wenn du jetzt mit dem Finger auf die Seite klickst, um weiter zu blättern.

Stufe 8
Mehr als zehn Seiten solltest du am Anfang nicht lesen. Leg das Buch wieder weg, aber nicht zu weit.

Nun ruf mal nach deinem Ehepartner, das ist die Person, die sich all die Jahre kopfschüttelnd von dir wegbewegt hat. Versichere ihr/ihm, dass alles wieder normal werden wird und sag nicht immer nur 'LOL', sondern lache auch mal wieder. Gegebenenfalls fragst du nach, wie das funktioniert. Am besten gewöhnst du dich langsam wieder an eine normale Sprache. Hacken kann man zu Beispiel auch Holz und vergiss nicht: Crack ist eine Droge. Falls dein Ehepartner vorschlägt, einen Arzt aufzusuchen, dann pass auf: Viren und Würmer haben jetzt eine völlig andere Bedeutung.

In den ersten Tagen wird dir kaum jemand abkaufen, dass du es schaffen wirst, aber halte trotzdem durch. Apropos abkaufen: verkaufe so schnell es geht dein Modem und schaff dir ein Aquarium an. Es funktioniert so ähnlich wie ein Bildschirmschoner, ist aber ein erstes Anzeichen von Heilung.


So, du hast es geschafft :lol: nein, drück jetzt nicht Strg+Z ...
 

Friday 7 September 2012

« Moderne » Arbeitsmarktpolitik

Paul Duroy  
31.08.2012

« Erwerbsfähige, die angebotene Arbeitsplätze zweimal ohne berechtigte Gründe abgelehnt oder die Arbeit zwar aufgenommen, aber ohne stichhaltigen Grund wieder aufgegeben haben, sind der Gestapo zu melden. (...) Diese Menschen sind in polizeiliche Vorbeugehaft zu nehmen. Vor allem sind hier zu berücksichtigen:
Landstreicher, Bettler, Asoziale, Zigeuner und nach Zigeunerart herumstreunende Personen (...), die gezeigt haben, dass sie sich in die Ordnung der Volksgemeinschaft nicht einfügen wollen. »
Heinrich Himmler in einem Schnellbrief-Erlass am 1.6.1938, zitiert aus Peter Longerich - ''Heinrich Himmler - Eine Biographie''

Der Leser mag nicht erschrecken, dass zum Auftakt dieses Eintrages ein derart streitbarer Charakter zitiert wird. Dieses etwas krude Auftaktzitat darf der Leser in einem beißend grellen Lichte lesen, wenn er bedenkt, dass die ''moderne'' deutsche Arbeitsmarktpolitik anno 2011 weiterhin unbeirrt auf die massive Mobilisierung der von vornherein als ''arbeitsscheu'' Verdächtigten durch den Staat setzt. Dem ''modernen'' Staat ist keine ''Arbeits-Maßnahme'' (die sich bereits im ''Dritten Reich'' haargenau so nannte) zu schade, den doch nach der reinen Lehre eigentlich mündigen, aber derzeit arbeitslosen Bürger zu schikanieren und zu malträtieren. Der Hartz-IV-Empfaenger ist von vornherein verdächtig und hat, ohne Chance auf eine faire Diskussion auf Augenhoehe, von allem Anfang an eine zweifelhafte Bringschuld. Eines der ersten Essentials, welches ihm der sogenannte Arbeitsvermittler beim Erst-Antrag beibringen wird, ist die Pflicht nach Sozialversicherungsgesetzbuch, dass er im Grunde unrechtmaeßige Leistungen bezieht, fuer deren Bezug er im Gegenzug unbedingt, schnellstmöglich und unter maximaler Zumutung eine neue Arbeit zu finden hat. Unterschwellig wird dem Sozialgeldempfänger suggeriert, dass er vom gesunden Volkskörper zehrt und somit (und das Wort ist ''dank'' BILD und anderen Hetz-Blättern wieder erstaunlich salonfähig geworden): ein ''Sozialschmarotzer''. Auch wenn kein Mitarbeiter der Agentur für Arbeit das derart explizit ausdrücken würde.

1938 hatte der ''Reichsführer-SS'' Heinrich Himmler eine famose Idee: zur Totalisierung der kurz vor dem Eintritt in den Krieg stehenden deutschen Wirtschaft gälte es alle verfügbaren Arbeitskrüfte zu maximalisieren und auszuschöpfen. Ein Ansatz war auch, das Freisein von Arbeit zu einem Verbrechen qua definitionem auszuküren: wer also nicht arbeitete oder frei umherzog, wurde gebrandmarkt als ''Asozialer'', als und dies durchaus wörtlich: ''Sozialschmarotzer'', ein gefährlicher Parasit am eigentlich gesunden ''Volkskörper''. Im Zuge dieser Bemühungen schuf Himmler ein Projekt, dem er sich nun mit Feuereifer zu wandte: das sogenannte ''Projekt'' mit der etwas krumm klingenden Bezeichnung: ''Arbeitsscheu Reich''.

Menschen, die als ''Asoziale'' stigmatisiert wurden, die nach heutigen Begriffen psychisch krank waren, wurden demgemäß in KZ's zur Zwangsarbeit eingezogen (eben den sogenannten ''Maßnahmen'' und man beachte übrigens wie inflationär die Agentur für Arbeit diesen Begriff in ihren Info-Broschüren benutzt), sie waren vogelfrei und konnten jederzeit nach einem ''Sondererlass'' (oftmals sogar ohne einen solchen aus reiner Willkür) wegen Faulheit (!) erschossen werden.

Meine eigene Erfahrung mit der Agentur ist zB, dass ich damals, als ich mich für ein halbes Jahr selbst auf Hartz IV begeben und mir irgendwann die Schmach antun musste, meiner ''Vermittlerin'' zu erklären, dass mir aus psychischen Gründen das ganze Verfahren absolut gegen den Strich geht (ich hatte zuvor allerdings auch ganz offen, unbedarft und überzeugt politisches Widerstreben ins Rennen geführt), sie mir erklärte, ich müsse erkennen, dass ich fortan vorrangig den Fokus auf den Erwerb eines neuen Jobs zu legen habe oder auf klardeutsch üebersetzt:
''dass es Ihnen angeblich psychisch nicht gutgeht, habe ich überhoert, Sie fauler Sack, suchen Sie sich einen Job und es geht Ihnen wieder besser.''


Ja, da habe ich sofort bei mir bemerkt: vielleicht ist aufgezwungene Arbeit doch ein wahres Therapeutikum, vielleicht macht Arbeit, zumal nach allen Gesetzen des Neoliberalismus, doch frei und unbeschwert. ''Arbeit macht frei'', dieses ermutigende Spruchband könnte nach der bestechenden Alleinstellung der Arbeit doch über allen Agentur-Eingängen stehen, so dachte ich mir.

Absolut gänsehauterregend ist die (wenn auch unbewusste) Kontinuität quasi-faschistischen Denkens, das hinter dieser Glorifizierung der Arbeit als politisch-soziales Allheilmittel steckt und die strenge und konsequente Sanktionierung bei Nicht-Beachtung des auferlegten Prinzips. Heutzutage führt der Weg der sanktionierten Faulheit zwar nicht mehr ins Arbeitslager und zur Gestapo, sondern in die kalte Überlassenheit der Markt-Gescheiterten, man wird dann eben zum Paria, zum Ausgestoßenen, zum Vagabunden und Landstreicher. Man wird nur abgestempelt und von den Medien stigmatisiert und marginalisiert als asozialer Einzlfall, als Schädling am bundesrepublikanischen und doch eigentlich so gesunden Volkskörper. Vorzeige-Asoziale werden als gewünschte Marionetten dieses Zerrbildes im Fernsehen vorgeführt, quod erat demonstrandum. Die wiederum schüren einen Zorn der immer so leicht zu erregenden Mittelschicht, die sich absolut bestätigt sieht in ihrer beschränkten Weltsicht: für sie ist der Hartz IV-Empfänger per se asozial, die alleinerziehende Mutter, die ''Leistung'' bezieht, eine arbeitsscheue Halbmutter, die schon das nächste asoziale Individuum auf Staatskosten heranzieht.

Besorgniserregend ist beim Blick auf die ''moderne'' Arbeitsmarktpolitik der Bundesrepublik, dass der freie Bärger als souveränes Individuum als Empfänger staatlicher Transferleistungen von einem Moment auf dem anderen zum verwalteten und zur Disposition stehenden Objekt verkommt. Die Transferleistung ist plötzlich nicht mehr ''Wohlfahrt'' und somit eine säkularisierte Form staatlicher milder Gabe, sondern eine Art von Minimal-Alimentation, die von vornherein grobe Verdächtigungen gegen das verwaltete Objekt, den Transferempfänger, aussendet.
Zur Disposition steht der Transferempfänger in allen Belangen: fast jeder Job ist zunaechst einmal zumutbar, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er Leih-/Zeitarbeiter wird und von dem Personaldienstleistungsunternehmen nach freier Verfügung hin und her disponiert wird und, sollte der Empfänger partout nicht arbeiten können/wollen, steht er zur gesellschaftlichen Disposition: dann erfolgt die Leistungssperre, der unausgesprochene Ausschluss aus der Gesellschaft, die ''dispositio'', die der Lateiner mit ''Entfernung'' übersetzt. Man beachte auch, dass ''waste disposal'' im Englischen ''Mülldeponie'' bedeutet. Der Mensch ist zu Müll geworden, seine Arbeitskraft erschöpft und womöglich ausgebeutet, das nunmehr asoziale Element wird der kalten und ''bereinigenden'' Hand des Marktes überlassen. Diesselbe Hand wischt den nunmehr Verfemten leichterdings an den alleräußersten Rand der Gesellschaft.


Zuvor muss(te) sich der Arbeitslose einem inquisitorischen Verfahren stellen, dass ihm explizit mitteilte, dass er auf Staatskosten, ja: auf Kosten seiner Mitbürger lebt. Er musste gewaltige voluminoese Anträge ausfüllen, die ihm Schikane dünkten und immer wieder Termine erdulden (''wir üben jetzt mal wieder Frühaufstehen'') und Maßnahmen mitmachen, die seiner Disziplinierung und dem unausgesetzen ergonomischen Training dienten (die Wehr-Ertüchtigung für den Arbeitsmarkt). Jede Bewegung aus der Heimatstadt sollte, nach der reinen Lehre, der Agentur mitgeteilt werden und die Erlaubnis eingeholt werden. ''Unerlaubtes Fernbleiben'' oder ''nichtmitgeteilte Fremdortaufenthalte'' werden umgehend mit Leistungseinschränkung nach Paragraph XY Sozialgesetzbuch oder Leistungsentzug geahndet.


''Die öffentliche und private Fürsorge hatte sich in der NS-Zeit grundlegend gewandelt. Immer mehr ging von Fürsorgeinstitutionen nicht mehr Schutz, sondern Bedrohung für Hilfesuchende aus.''
zitiert aus: Wolfgang Ayaß, ''Die Aktion Arbeitsscheu Reich''

Wenn ein demokratischer Staat beginnt, die Arbeitslosigkeit zwar nicht ausgesprochen, aber doch im fortwährend stummschweigenden Sub-Kontext zu kriminalisieren und man dann sieht, dass sich Regierungs- und Oppositionsparteien (im übrigen weiterhin ergebnislos) um eine Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes um 5 Euro (Regierung) oder 11 Euro (juppieh! Opposition) streiten und nicht etwa um den generell gewaltigen Änderungs- und Abschaffungsbedarf dieses absolut fehlgeschlagenen und menschenverachtenden Projektes ''Agenda 2010'', drohen unserer Gesellschaft rohe und düstere Zeiten. Wir hatten das alles schon einmal ...

"F. ist ein arbeitsscheuer Mensch. Er lebt planlos im Lande herum und lebt vom Betteln. Einer geregelten Arbeit ist er bisher noch nie nachgegangen. Die Allgemeinheit muss vor ihm geschützt werden." So lautete die vollständige Begründung der Kriminalpolizeistelle Kassel im Haftbefehl gegen einen 27-jährigen Bettler im Juni 1938. Die vier knappen Sätze waren ein Todesurteil. F. starb drei Jahre später im Konzentrationslager Gusen, einem Nebenlager von Mauthausen.''


Quelle

Thursday 6 September 2012

Sozialbericht NRW 2012

Sozialbericht NRW 2012

Verantwortlich: Wolfgang Lieb  Armuts- und Reichtumsbericht
Das Wichtigste in Kürze. (WL)


Einkommensentwicklung und –verwendung
  • … Von 2002 bis 2008 ist das Vermögenseinkommen deutlich gestiegen, während das Arbeitnehmerentgelt von 2000 bis 2006 stagnierte und von 2006 bis 2008 nur vergleichsweise moderat gestiegen ist.
  • Der Anstieg des durchschnittlichen verfügbaren Pro-Kopf-Einkommens hat in der vergangenen Dekade gerade den Anstieg des Preisniveaus (Inflation) ausgeglichen…
  • Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten, die einen Niedriglohn von weniger als 1.890 Euro im Monat erhalten, lag Ende 2010 bei 20,4 %. Im Dezember
    2000 war die Niedriglohnquote mit 16,3 % noch deutlich niedriger. Das mittlere Bruttomonatsentgelt der Niedriglohnempfänger/-innen lag Ende 2010 bei 1.399 Euro.
  • … Ein Drittel der sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigten Frauen (33,3 %) beziehen einen Niedriglohn…
  • Während jedoch bei den 20 % der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen von 2003 bis 2008 nominale Einkommensverluste zu verzeichnen waren, zeigen sich bei den 20 % der Haushalte mit dem höchsten Einkommen überdurchschnittliche Steigerungen beim ausgabefähigen monatlichen Einkommen. Insgesamt ist somit die Schere zwischen Haushalten mit höherem und niedrigem Einkommen weiter auseinandergegangen.
  • Zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse, wie Miete, Nahrungsmittel oder Kleidung wurden 2008 durchschnittlich etwas mehr als die Hälfte (51,6 %) der gesamten Ausgaben aufgewendet. Bei den Haushalten, die zu den unteren 10 % der Einkommensverteilung gehören, entfielen 75,3 % der Ausgaben auf den Lebensunterhalt.
  • Am unteren Rand der Einkommensverteilung besteht so gut wie kein Spielraum zur Vermögensbildung. Im obersten Dezil wurden dagegen im Mittel 1.564 Euro im Monat für die Vermögensbildung aufgewendet.
  • Die Zahl der überschuldeten Personen in Nordrhein-Westfalen lag 2011 bei 1,59 Millionen und damit um rund 38.000 Personen höher als im Jahr 2004.

Armut
  • Im Jahr 2010 galt in Nordrhein-Westfalen als einkommensarm, wer über ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen von monatlich weniger als 815 Euro (= 60 % des mittleren
    Einkommens in Nordrhein-Westfalen) verfügte.
  • Mehr als jede siebte Person in Nordrhein-Westfalen war im Jahr 2010 von relativer Einkommensarmut betroffen (14,7 %).
  • Kinder und junge Erwachsene tragen ein überdurchschnittliches Armutsrisiko. Fast jedes fünfte Kind im Alter von unter 18 Jahren (19,9 %) und 22,5 % der 18- bis unter 25-Jährigen leben in einem einkommensarmen Haushalt.
  • Alleinerziehende und ihre Kinder sowie Personen in kinderreichen Paarhaushalten (mit drei oder mehr Kindern) unterliegen einem stark überdurchschnittlichen Armutsrisiko
    (37,6 % bzw. 27,3 %).
  • Mehr als die Hälfte der Erwerbslosen (51,7 %) ist von relativer Einkommensarmut betroffen.
  • Mehr als jede vierte Person mit Migrationshintergrund ist von relativer Einkommensarmut betroffen (28,6 %), bei Personen ohne Migrationshintergrund gilt dies nur für jede zehnte Person (10,4 %).
  • 13,5 % der Personen im Alter von unter 18 Jahren sind von mehr als einer Risikolage betroffen, bei 4,2 % liegt ein Mangel in allen drei Bereichen vor (Einkommen, Bildung und Erwerbsbeteiligung der Eltern).
  • Im Dezember 2010 lag die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger von Mindestsicherungsleistungen bei 1,89 Millionen. Damit hat mehr als jede zehnte Person in Nordrhein- Westfalen (10,6 %) Mindestsicherungsleistungen empfangen.
  • Die große Mehrheit der Mindestsicherungsempfänger/-innen beziehen SGB-II-Leistungen (86,0 %). Im Dezember 2010 lag die Zahl der Personen mit SGB-II-Bezug bei rund 1,6 Millionen.

Einkommenszusammensetzung und –verteilung
  • Für 84,4 % der Steuerfälle war 2007 Einkommen aus nicht selbstständiger Tätigkeit die überwiegende Einkommensart. Typisch für diese Gruppe ist, dass sie kaum andere
    Einkommensquellen hat.
    87,6 % ihres Bruttogesamteinkommens entstammten aus nicht selbstständiger Tätigkeit.
  • Steuerfälle mit überwiegend selbstständiger Tätigkeit erzielten das höchste durchschnittliche Bruttogesamteinkommen (93.499 Euro im Jahr 2007). Die zweithöchsten Einkommen erzielten Steuerfälle, deren Einkommen überwiegend aus Gewerbebetrieben stammten (2007: 72.091 Euro). Steuerfälle mit überwiegendem Einkommen aus nicht selbstständiger Tätigkeit kamen 2007 auf 38.918 Euro.
  • Durchschnittlich betrug 2007 der Anteil des Nettoeinkommens am Bruttogesamteinkommen, also der Teil des Einkommens, der zum Konsum verbleibt, 60,9 %. Vom Bruttogesamteinkommen entfielen 24,5 % auf vorsorgebedingte Abzüge (Sozialversicherungsbeiträge und analoge Aufwendungen zur privaten Absicherung von Lebensrisiken) und 13,8 % auf die Einkommensteuer.
  • Vom 2. bis zum 7. Dezil wird vor allem aufgrund des mit der Einkommenshöhe steigenden Steueranteils der Anteil des Nettoeinkommens am Bruttogesamteinkommen immer geringer. Im 2. Dezil verblieben netto 69,8 %, im 7. Dezil waren es 55,2 %. In den darauf folgenden Dezilen lag dieser Wert wieder höher, da ab dem 7. Dezil der Anteil des Bruttogesamteinkommens, der für vorsorgebedingte Abzüge aufgewendet wird, sinkt. Im 10. Dezil verblieb mit 66,1 % des Bruttogesamteinkommens ein Wert, der in etwa dem des 3. Dezils entsprach.

Reichtum
  • Im obersten Dezil wurden 2007 35,6 % des gesamten Nettoeinkommens erzielt. Im 9. Dezil waren es 16,2 %… Auf das 2. Dezil entfielen lediglich 1,4 % des gesamten Nettoeinkommens.
  • Wer in Nordrhein-Westfalen zu den obersten 1.000 Spitzenverdienern zählt, verfügte 2007 durchschnittlich über ein Äquivalenzeinkommen von 3,37 Millionen Euro… Bei den obersten 1.000 Steuerfällen hatten 2007 83,5 % überwiegend Einkommen aus Gewerbebetrieben
  • Das Vermögen ist noch wesentlich ungleicher verteilt als das Einkommen. Im untersten Fünftel der Vermögensverteilung war 2008 überhaupt kein Vermögen vorhanden, auf das zweite Fünftel entfielen gerade einmal 1,3 % der gesamten Vermögenssumme.
    Das oberste Fünftel in der Vermögensverteilung besaß 2008 nahezu drei Viertel des gesamten privaten Vermögenswertes des Landes (71,1 %).

Bildung
  • Im Jahr 2010 verfügte mehr als ein Drittel der Bevölkerung im Alter von 20 bis unter 65 Jahren über die (Fach-)Hochschulreife (35,3 %). Zur Jahrtausendwende traf dies erst auf ein Viertel (25,5 %) zu. Ohne Schulabschluss waren 2010 5,1 % der Bevölkerung im Alter von 20 bis unter 65 Jahren. Im Jahr 2000 waren es 3,7 %.
  • Auch bei den beruflichen Abschlüssen ist der Trend zu einer stärkeren Verbreitung höherer Abschlüsse ungebrochen: Im Jahr 2010 verfügten 16,5 % der Bevölkerung im Alter von 25 bis unter 65 Jahren über einen (Fach-)Hochschulabschluss. Im Jahr 2000 lag der entsprechende Anteil mit 12,8 % noch deutlich niedriger.
  • Der Anteil der 25- bis unter 65-Jährigen, die keinen beruflichen Abschluss erzielt haben, blieb mit gut einem Fünftel (21,5 %) unverändert hoch.
  • Die Bildungschancen hängen nach wie vor stark von der sozialen Herkunft ab. Dies zeigt sich sehr deutlich bei der Wahl der weiterführenden Schule. Von den Kindern aus
    einkommensarmen Haushalten, deren Eltern gering qualifiziert sind, geht nur jedes zwölfte (8,1 %) auf ein Gymnasium. Bei Kindern mit einem hoch qualifizierten Elternteil, die nicht von Einkommensarmut betroffen sind, ist es mehr als jedes zweite (59,2 %).
  • Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund unterscheidet sich sehr deutlich zwischen Hauptschule und Gymnasium. Mehr als die Hälfte der Hauptschülerinnen und -schüler weisen einen Migrationshintergrund auf (50,4 %). Bei den Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der Sekundarstufe I trifft dies nur auf weniger als ein Viertel (23,7 %) zu.

Erwerbsbeteiligung
  • Die Zahl der Erwerbstätigen ist von 2000 bis 2010 nicht in gleichem Maße gestiegen wie das Erwerbspersonenpotenzial. Demzufolge lag die Zahl derer, die ihren Erwerbswunsch nicht realisieren konnten, im Jahr 2010 deutlich über dem Niveau des Jahres 2000. 13,0 % der Frauen und 11,7 % der Männer mit Erwerbswunsch waren 2010 nicht erwerbstätig…
  • In der vergangenen Dekade hat sich das Problem der Erwerbslosigkeit bei den 15- bis unter 30-Jährigen verschärft. In dieser Altersgruppe lagen im Jahr 2010 sowohl die Erwerbslosenquoten als auch die Langzeiterwerbslosenquoten über dem Niveau des Jahres 2000.
  • Die vergangene Dekade ist durch eine zunehmende Flexibilisierung der Erwerbsformen gekennzeichnet. So ist von 2000 bis 2010 der Anteil der Erwerbstätigen mit einem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis (Normalarbeitsverhältnis) gesunken. Gestiegen ist dagegen der Anteil der atypisch Beschäftigten (Teilzeitbeschäftigte sowie geringfügig und befristet Beschäftigte).
  • Die Zahl derer, die sowohl ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit als auch Arbeitslosengeld (ALG) II beziehen, ist von Dezember 2007 bis Dezember 2010 um 13,7 % auf 298.546 gestiegen. Damit war Ende 2010 insgesamt gut ein Viertel der erwerbsfähigen Leistungsbezieherinnen und -bezieher erwerbstätig (25,8 %).
  • Erwerbstätige ALG-II-Bezieherinnen und -Bezieher üben zu 16,5 % eine sozialversicherungspflichtige Vollzeittätigkeit aus.
  • Die Armutsrisikoquoten von atypisch Beschäftigten liegen deutlich höher. Am höchsten ist die Armutsrisikoquote der geringfügig Beschäftigten, die zudem seit 2005 (17,0 %) kontinuierlich gestiegen ist. 2010 war gut ein Fünftel (20,8 %) der geringfügig Beschäftigten von relativer Einkommensarmut betroffen.

Gesundheit
  • 2009 bezogen in Nordrhein-Westfalen gut 300.000 Personen eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die häufigsten Gründe für eine Frühberentung waren psychische Erkrankungen (40,4 % der Neuzugänge), gefolgt von den Muskel-Skelett-Erkrankungen wie z. B. Bandscheibenvorfälle (14,2 %), Neubildungen (12,2 %) und Krankheiten des Kreislaufsystems (9,6 %).
  • Die Chancen auf ein gesundes und langes Leben sind ungleich in der Bevölkerung verteilt. Ungleiche Lebens-, Arbeits- und Wohnbedingungen, ungleiche Chancen im Zugang zu Gesundheitsleistungen, psychosoziale Faktoren sowie Unterschiede im Gesundheitsverhalten führen dazu, dass sich soziale Ungleichheit auf die Gesundheit auswirkt.

Wohnen
  • Die Wohnungskaltmieten haben sich im Zeitraum 2000 bis 2010 um 10,8 % verteuert, stärker haben die Wohnungsnebenkosten zugelegt (+18,7 Prozentpunkte). Eine noch größere Preissteigerung hat sich in diesem Zeitraum bei den Haushaltsenergien (Strom, Gas und andere Brennstoffe) vollzogen (+63,8 %).
  • Das Angebot an preis- und belegungsgebundenen Wohnungen ist in Nordrhein-Westfalen seit 2000 deutlich von 1,19 Millionen Wohnungen auf 744.500 Wohnungen im Jahr 2009 zurückgegangen. Zukünftig ist mit einem weiteren Rückgang zu rechnen. Die Nachfrage nach öffentlich gefördertem Wohnraum ist dagegen in den vergangenen Jahren nahezu konstant geblieben.
  • Ein Indikator für soziale Segregation ist die räumliche Konzentration von SGB IILeistungsbezieher(inne)n. Für Nordrhein-Westfalen lassen sich anhand von sogenannten „SGB-II-Dichten“ deutliche Unterschiede sowohl zwischen den Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum als auch innerhalb der Städte nachweisen.

Partizipation
  • Bundesweite Studien zeigen, dass das politische Interesse, die Wahlbeteiligung und die Wahrnehmung verbindlicherer Formen politischer Aktivität (z. B. die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder politischen Partei) in starkem Maße durch Bildung und Einkommen beeinflusst werden.
  • Die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen 2009 weist eine große Spannbreite zwischen den Kommunen auf und reicht von 44,6 % in Düsseldorf bis zu 61,7 % in Coesfeld (Landesdurchschnitt: 52,4 %).
  • Auf kleinräumiger Ebene werden Zusammenhänge zwischen der Wahlbeteiligung und der sozialen Zusammensetzung beispielsweise eines Stadtteils deutlich. Die Stadtteile mit niedriger Wahlbeteiligung sind durch eine überdurchschnittliche Arbeitslosenquote und eine hohe SGB-II-Quote gekennzeichnet.

Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen
  • In Nordrhein-Westfalen lebten 2010 rund drei Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von unter 18 Jahren. Davon haben mit 36,9 % mehr als ein Drittel einen Migrationshintergrund.
  • Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen wächst in einer Familie mit einem verheirateten (Eltern-)Paar auf. Dieser Anteil ist jedoch rückläufig und lag 2010 bei 78,7 % (2000: 83,7 %). Immer mehr Minderjährige leben bei einem alleinerziehenden Elternteil.
    2010 traf dies auf 15,6 % der Minderjährigen zu (2000: 12,3 %).
  • Sowohl Kinder von Alleinerziehenden als auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund wachsen überdurchschnittlich häufig bei gering qualifizierten Eltern bzw. einem gering qualifizierten Elternteil auf.
  • Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsstand besuchen die Kindertageseinrichtung seltener bzw. kürzer als Kinder ohne Migrationshintergrund und Kinder von Eltern mit hohem Bildungsstand.
  • Jede fünfte minderjährige Person lebt in einem einkommensarmen Haushalt. Damit sind Kinder und Jugendliche überdurchschnittlich häufig von relativer Einkommensarmut betroffen.
  • In besonderem Maße von relativer Einkommensarmut betroffen sind Kinder und Jugendliche:
    • deren Eltern nicht erwerbstätig sind,
    • deren Eltern gering qualifiziert sind,
    • die aus kinderreichen Familien stammen,
    • die bei einem alleinerziehenden Elternteil aufwachsen,
    • die einen Migrationshintergrund aufweisen.
  • Mehr als jede sechste Person im Alter von unter 18 Jahren lebte im Juni 2011 in einer Bedarfsgemeinschaft, die SGB-II-Leistungen erhält (Monat/Jahr: 16,9 %). Die SGB-II-Quote der Minderjährigen liegt damit deutlich über der SGB-II-Quote insgesamt (11,4 %). Am stärksten betroffen sind mit einer SGB-II-Quote von 21,1 % Kleinkinder im Alter von unter 3 Jahren.
  • Bereits die Startchancen der Schüler/-innen variieren nach ihrer sozialen Herkunft. So zeigen die Befunde der Schuleingangsuntersuchung zu Entwicklungsbereichen, die zu den schulrelevanten basalen Fähigkeiten gehören, deutliche Unterschiede nach dem Bildungsniveau der Eltern.
  • Je länger ein Kind eine Kindertageseinrichtung besucht hat, desto seltener sind Entwicklungsauffälligkeiten. Kinder aus Elternhäusern mit niedrigem Bildungsniveau
    scheinen im Hinblick auf ihre kognitive Entwicklung in besonderem Maße von einer möglichst früh ansetzenden frühkindlichen Förderung in einer Kindertageseinrichtung zu profitieren. Allerdings bleiben auch bei längerer Dauer des Besuchs einer Kindertageseinrichtung deutliche Unterschiede nach dem Bildungsniveau der Eltern bestehen.
  • Die am häufigsten gewählte Schulform ist das Gymnasium, die am seltensten gewählte die Hauptschule. Im Jahr 2010 lag der Anteil der Übergänge an die Hauptschule nur noch bei 12,7 %. Zehn Jahre zuvor waren es noch 18,8 %. Der Anteil der Übergänge an die Hauptschule war bei den Schüler(inne)n ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit gut einem Viertel (25,6 %) wesentlich höher als bei den deutschen Schüler(inne)n (11,4 %).
  • Knapp 12.000 Schulabgänger/-innen haben 2010 die Schule verlassen, ohne mindestens einen Hauptschulabschluss erlangt zu haben. Dies entspricht 5,5 % der Schulabgängerinnen und -abgänger insgesamt. Schülerinnen und Schüler ohne deutsche Staatsangehörigkeit verlassen die Schule überdurchschnittlich häufig ohne Hauptschulabschluss (12,3 %).

Lebenslage älterer Menschen
  • Renten und Pensionen stellen für die große Mehrheit der Älteren die Haupteinkommensquelle dar: Dies gilt für 95,2 % der Männer und 79,9 % der Frauen. Bei 17,2 % der Frauen ist der Unterhalt durch Angehörige die wichtigste Quelle des Lebensunterhalts.
  • Ende 2010 bezogen gut 112.000 Personen im Alter von 65 und mehr Jahren Leistungen der Grundsicherung im Alter. Damit haben 3,6 % der Frauen und 2,4 % der Männer der entsprechenden Altersgruppe diese Leistungen bezogen. 2005 lagen die entsprechenden Quoten noch etwas niedriger (3,1 % bei den Frauen und 1,9 % bei den Männern).
  • Seit 2006 ist bei den Älteren ein leichter Anstieg der Armutsgefährdung zu beobachten (von 9,0 % im Jahr 2006 auf 11,4 % im Jahr 2010). Damit sind Ältere aber weiterhin unterdurchschnittlich von Einkommensarmut betroffen. Ältere Frauen (12,8 %) unterliegen einem höheren Armutsrisiko als ältere Männer (9,7 %).
  • 14,4 % der älteren Frauen waren pflegebedürftig, bei Männern lag der entsprechende Anteil bei 8,0 %. Bei beiden Geschlechtern steigt die Pflegequote deutlich mit dem Alter an und beträgt im Alter von 90 und mehr Jahren bei den Frauen 69,7 % und bei den Männern 36,7 %. Ein entscheidender Grund für diese geschlechtsspezifischen Unterschiede besteht darin, dass ältere Frauen häufiger alleine leben und auf fremde Hilfe angewiesen sind, während pflegebedürftige Männer häufiger von ihren Ehefrauen versorgt werden.

Lebenslage Geringqualifizierter
  • Im Jahr 2010 waren 19,2 % der 25- bis unter 65-Jährigen gering qualifiziert. Bei den Frauen ist der Anteil mit 21,8 % deutlich höher als bei den Männern (16,5 %).
  • Mehr als die Hälfte der Geringqualifizierten im Alter von 25 bis unter 65 Jahren hat einen Migrationshintergrund (51,1 %).
  • Im Jahr 2010 verfügte mit 60,3 % die Mehrheit der 25- bis unter 65-jährigen Geringqualifizierten über einen Hauptschulabschluss, 13,5 % hatten die Fachoberschulreife erzielt. Mehr als ein Viertel (26,2 %) hatte keinen allgemeinbildenden Schulabschluss.
  • Vor allem jüngere Geringqualifizierte haben ein hohes und in der vergangenen Dekade gestiegenes Risiko, von Erwerbslosigkeit betroffen zu sein. Bei den Geringqualifizierten im Alter von 25 bis unter 35 Jahren lag die Erwerbslosenquote im Jahr 2010 bei den Männern mit 27,6 % um 11,6 Prozentpunkte und bei den Frauen mit 22,4 % um 7,0 Prozentpunkte über der des Jahres 2000.
  • Das Armutsrisiko Geringqualifizierter ist überdurchschnittlich hoch und zudem zwischen 2005 und 2010 gestiegen. Dies trifft auf alle Altersgruppen zu. Am höchsten ist das Armutsrisiko in der Altersgruppe der 25- bis unter 35-Jährigen. Diese waren 2010 zu 40,3 % von relativer Einkommensarmut betroffen.
  • Geringqualifizierte mit Migrationshintergrund sind deutlich häufiger von relativer Einkommensarmut betroffen (38,3 %) als Geringqualifizierte ohne Migrationshintergrund (28,0 %).
  • Das Armutsrisiko von gering qualifizierten Erwerbstätigen war 2010 mit 18,6 % überdurchschnittlich hoch und in den vergangenen fünf Jahren um 4,4 Prozentpunkte gestiegen. In der Vergleichsgruppe der 25- bis unter 65-jährigen Erwerbstätigen insgesamt lag das Armutsrisiko dagegen stabil auf vergleichsweise niedrigem Niveau (2005: 5,4 %, 2010: 5,7 %).
  • Nicht nur das Risiko von Erwerbslosigkeit betroffen zu sein, fällt bei den Geringqualifizierten deutlich überdurchschnittlich aus; wenn sie erwerbslos sind, so ist auch ihr Armutsrisiko überdurchschnittlich hoch. Erwerbslose Geringqualifizierte waren 2010 zu 68,6 % relativ einkommensarm, fünf Jahre zuvor lag die Armutsrisikoquote mit 61,3 % niedriger.

Lebenslage von Menschen mit Migrationshintergrund
  • Im Jahr 2010 lebten in Nordrhein-Westfalen 4,16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, dies waren 23,3 % der Bevölkerung.
  • Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist durchschnittlich jünger als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Nahezu ein Viertel (22,2 %) ist unter 15 Jahre alt. Bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund ist dieser Anteil nur halb so hoch (11,0 %).
  • Über mittlere und höhere Bildungsabschlüsse verfügen Personen mit Migrationshintergrund seltener. Mit einem Anteil von 14,6 % bleiben sie deutlich häufiger ohne allgemeinbildenden Abschluss als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (2,1 %).
  • Auch berufliche Bildungsabschlüsse werden von der Bevölkerung mit Migrationshintergrund seltener erreicht. 44,7 % der Personen mit im Vergleich zu 13,0 % der Personen ohne Migrationshintergrund bleiben ohne beruflichen Bildungsabschluss.
  • Die Erwerbstätigenquote der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist unterdurchschnittlich. Dies gilt insbesondere für Frauen. Die Erwerbstätigenquote ist jedoch auch bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zwischen 2005 und 2010 angestiegen.
  • Personen mit Migrationshintergrund sind deutlich überdurchschnittlich häufig von Erwerbslosigkeit betroffen. 2010 fielen die Erwerbslosenquoten der Personen mit Migrationshintergrund aber deutlich niedriger aus als im Jahr 2005. Besonders deutlich sank die Erwerbslosenquote bei den 55- bis unter 65-jährigen Personen mit Migrationshintergrund (von 25,3 % im Jahr 2005 auf 13,8 % im Jahr 2010).
  • Das Armutsrisiko der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt mit 28,6 % deutlich über dem der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund mit 10,4 %. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren mit Migrationshintergrund liegt die Armutsrisikoquote bei 33,2 %.

Lebenslagen im SGB-II-Bezug
  • Im Juni 2011 erhielten 827.000 Bedarfsgemeinschaften mit 1,6 Millionen Personen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II…
  • Die Überwindung der Bedürftigkeit verläuft im Allgemeinen relativ langsam: Knapp ein Drittel (31,1 %) der Bedarfsgemeinschaften, die im Januar 2005 den Leistungsbezug begonnen haben, waren bis 2010 durchgehend auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen.
  • Aufgrund einer gewissen Fluktuation unter den Leistungsberechtigten hat im Zeitraum 2005 und 2011 etwas mehr als jede(r) fünfte Einwohner/-in Nordrhein-Westfalens (3,37 Millionen) zumindest zeitweilig Leistungen der Grundsicherung erhalten.
  • Nur die Hälfte der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende war 2011 arbeitslos und hätte durch Arbeitsaufnahme unmittelbar ihre Einkommensposition verbessern können (2011: 46,3 %); 53,7 % waren wegen Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, Ausbildung o. Ä. nicht arbeitslos.
  • Kinderreiche Familien und Alleinerziehende weisen deutlich überdurchschnittliche SGB-II-Quoten aus, da auch bei Erwerbstätigkeit das erzielte Einkommen für den Bedarf von Kindern und Partner(inne)n häufig nicht ausreicht.
  • Die Hälfte der Bedarfsgemeinschaften kann innerhalb von zwölf Monaten den SGB-IIBezug zumindest kurzzeitig verlassen. Bedarfsgemeinschaften mit einem/einer deutschen, jüngeren oder gut qualifizierten Antragsteller/-in208) haben erhöhte Chancen, den Bezug früher zu beenden.
  • Nach einer Unterbrechung kehrt ein Drittel innerhalb von zwölf Monaten in den Bezug zurück. Alleinerziehende haben zwar die längste Bezugsdauer, aber auch das geringste Rückkehrrisiko; Paare mit zwei oder mehr Kindern haben hingegen das höchste.
  • Die häufig lange Dauer des Leistungsbezugs entsteht, weil neu begonnene Beschäftigungen vor allem in Mehrpersonenhaushalten den Bedarf oft nicht decken.
  • Von den aus dem Leistungsbezug heraus begonnenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen waren etwas mehr als die Hälfte (2008: 52,7 %) bedarfsdeckend…
  • SGB-II-Leistungsbezieher/-innen weisen eine relativ große Erwerbsbeteiligung und Suchaktivitäten auf. 21,8 % der Antragsteller/-innen und deren Partner/-innen gingen im Dezember 2009 einer Erwerbstätigkeit nach. Erwerbsfähige Antragsteller/-innen und Partner/-innen in Mehrpersonen-Bedarfsgemeinschaften sind überdurchschnittlich häufig während des Leistungsbezugs erwerbstätig. Die Mehrheit der Aufstocker war im Dezember 2009 geringfügig beschäftigt (58,8 %).
  • Insgesamt waren 59,4 % der erwerbsfähigen Antragsteller/-innen und Partner/-innen in den letzten vier Jahren (2006 bis 2009) mindestens einmal sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt. In Bedarfsgemeinschaften mit Kindern liegt dieser Anteil am höchsten, es handelte sich dabei aber häufig nur um geringfügige Beschäftigungen. Nur 11,1 % der Antragsteller/-innen und Partner/-innen waren bisher ohne nachweisbare Beschäftigung.
Quelle: Sozialbericht NRW 2012 Armuts- und Reichtumsbericht


Nachtrag: Neuere Daten
  • Die aktualisierten Indikatoren zeigen für das Jahr 2011 eine positive wirtschaftliche Entwicklung und eine Belebung des Arbeitsmarkts. Sowohl die Zahl der Erwerbslosen als auch der Personen mit Bezug von SGB-II-Leistungen ist gesunken. Dennoch ist der Anteil derer, die von relativer Einkommensarmut betroffen sind, gestiegen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Niedrigeinkommensbezieher/- innen nur in unterdurchschnittlichem Maße von der Einkommensentwicklung profitieren konnten…
  • Der nordrhein-westfälische Durchschnittsverdienst (Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer/-in) ist von 2010 auf 2011 um 3,0 % gestiegen und damit stärker als in den vorangegangenen Jahren (2009: +/-0,0 %; 2010: +1,9 %). Auch die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitsstunde sind nach einem leichten Rückgang im Jahr 2010 (–0,1 %) in 2011 im Vergleich zum Vorjahr wieder gestiegen (+2,3 %). Dieser Anstieg lag auf dem Niveau des Preisanstiegs im Jahr 2011 (+2,2 %5)). Die preisbereinigten Bruttostundenlöhne
    haben sich dementsprechend nur minimal verändert (+0,1%).
  • Die Armutsrisikoquote lag 2011 in Nordrhein-Westfalen bei 15,8 %. Der Anteil derer, die von relativer Einkommensarmut betroffen sind, ist damit im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (2010: 14,7 %)
  • Dass trotz positiver Entwicklungen am Arbeitsmarkt die Armutsrisikoquote gestiegen ist, lässt sich darauf zurückführen, dass Niedrigeinkommensbezieher/-innen von der Einkommensentwicklung nur in unterdurchschnittlichem Maße profitiert haben… Besonders deutlich ist das Armutsrisiko bei den Bevölkerungsgruppen gestiegen, die ohnehin
    ein überdurchschnittliches Armutsrisiko aufweisen…
  • Auch die Armutsrisikoquote von Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 18 Jahren und von jungen Erwachsenen ist überdurchschnittlich gestiegen. Im Jahr 2011 lebte mehr als jede/r fünfte Minderjährige (2011: 21,6 %; 2010: 19,9 %) und knapp jede vierte Person im Alter von 18 bis unter 25 Jahren (2011: 24,5 %; 2010: 22,5 %) in einem einkommensarmen Haushalt.

Quelle

Saturday 1 September 2012

Ist das BGE ungerecht?

Aus dem Blog von Gerhard Hoeberth
15.12.11


Seit ich den Beitrag « Der Terra als Weltwährung und ein gerechtes Gesellschaftssystem » geschrieben habe, werde ich immer wieder mit Menschen konfrontiert, die massiv gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen argumentieren. Um nicht jeden einzeln darauf antworten zu müssen, tue ich es hier einfach mal kollektiv:

Ich kann dieses ganze « keine Leistung ohne Gegenleistung » Geschwafel nicht mehr hören. Habt ihr denn wirklich keine Ahnung, wie das Finanzsystem funktioniert? Auch die Paranoia, dass « man mit seiner Arbeit jemanden finanzieren müsste, der selbst nichts tut » ist Ausgeburt einer völlig falschen Vorstellung.
Jetzt finanzieren wir alle mit unserer Arbeit ein paar Wenige, die nichts tun, nämlich all jene, die ihr « Geld arbeiten » lassen. Darüber solltet ihr euch einmal Gedanken machen.
Und auch darüber, wo Geld jetzt eigentlich herkommt. Es wird erschaffen - durch Kredite. Durch die Rückzahlung von Krediten wird es wieder vernichtet. Das unerkannt ungerechte daran ist nur, dass diese Erschaffung (und die damit verbundene leistungslose Partizipation an der Wertschöpfung) das Monopol weniger privater Institute ist.

Die von mir und anderen vorgeschlagene Finanzierung des BGE sozialisiert dieses Monopol wieder und bringt es dort hin, wo es hingehört:


Die Voraussetzung jeglicher Volkswirtschaft ist das Vorhandensein von Menschen, die an dieser Volkswirtschaft teilhaben. Ergo müssen auch die Transaktionsmittel von jedem einzelnen Menschen generiert werden und nicht nur von einigen Wenigen, die damit das Mittel in der Hand haben, jegliche Werte über Zinseszins und lange Zeiträume in die eigene Tasche zu wirtschaften. Das BGE (finanziert über « Lebensgeld ») ist keine Sozialleistung der Fleißigen gegenüber den Faulen, sondern die einzig gerechte Geldschöpfungsstrategie, die sich Menschen bisher ausgedacht haben. 


Quelle