Friday 30 March 2012

Arbeit, Konsum und Minimalismus


Was würdest du tun wenn dir jemand 5 millionen Euro schenken wollte?
Du würdest das Geld mit Sicherheit sofort annehmen. Aber würdest du die 5 millionen auch dann noch annehmen wenn du im Gegenzug 40 Jahre lang jede Woche 70 Stunden hart arbeiten müsstest um diese zu erwirtschaften?

In diesem Fall stellt sich die Frage was wichtiger ist, das viele Geld oder die Lebenszeit welche du für die Arbeit aufwenden müsstest. Denn im Grunde müssen wir alles Geld welches wir durch Arbeit verdienen teuer bezahlen und zwar mir unserer Lebenszeit welche wir über die Arbeitszeit in Lohn umtauschen sie aber gleichzeitg verlieren. Zeit die wir für andere Dinge hätten einsetzen können welche jedoch nachdem wir uns entschieden haben was wir damit anstellen unwiederbringlich verloren ist. Um in den Besitz von Geld zu gelangen müssen wir unsere kostbare Lebenszeit zu Markte tragen, für jedes Geld das wir verdienen opfern wir einen teil unseres Lebens.

Nun ist ein Leben ohne Geld in der modernen Zivilisation kaum vorstellbar und selbst in einer Gesellschaft ohne Geld muss Arbeit erbracht werden um der Natur die für ein Überleben notwendigen Güter zu entreißen. Wir kommen also nicht daran vorbei einen Teil unseres Lebens zu opfern um überhaupt leben zu können. Allerdings sollten wir uns die Frage stellen für was wir unser Leben Opfern und ob dies immer einen Sinn macht. Arbeiten um des Arbeitens willen? Also die Opferung unserer Lebenszeit um der Opferung willen wie es uns die Prediger der Arbeitsmoral einpeitschen wollen? Das macht nicht den geringsten Sinn, insofern handeln die Workaholics welche ihren Lebenssinn aber nicht ihre Lebensfreude in der Arbeit finden zuhöchst irrational. Wer viel Arbeitet um sich davon Konsumgüter und Statussymbole zu kaufen die er/sie eigendlich nicht benötigt opfert seine Lebenszeit für rein Materialistische Dinge wie Geld und Luxus bzw. Konsumgüter.

Wer also das eigene Leben sinvoll gestalten will sollte bewusst handeln, abwägen was an Anschaffungen notwendig ist und was nicht um so wenig Lebenszeit opfern zu müssen wie möglich ist um einen Vernünftigen Lebensstandard zu erreichen. Ein minimalistisches Leben welches auf einer Selbstbegrenzung auf das nötige beruht kann somit durchaus Glücklicher sein als jenes welche die Selbstopferung und Verlust der Lebenszeit um der Karriere willen und zur Finanzierung des Konsums in den Mittelpunkt stellt.

Der Konsumverzicht und die Arbeitsrücknahme ist somit eine möglicher Weg die Kontrolle über das eigene Leben zurück zu erlangen und zu einem glücklichen Leben zu finden da es einem die Freiheit eröffnet die zur Verfügung stehende Lebenszeit zum Leben zu nutzen denn Lebenszeit ist im Gegensatz zu den materiellen Konsumgütern ein Wert welcher nicht käuflich ist.


Unsere Konsum- und Marktwirtschaft beruht auf der Idee, dass man Glück kaufen kann, wie man alles kaufen kann. Und wenn man kein Geld bezahlen muss für etwas, dann kann es einen auch nicht glücklich machen. Dass Glück aber etwas ganz anderes ist, was nur aus der eigenen Anstrengung, aus dem Innern kommt und überhaupt kein Geld kostet, dass Glück das “Billigste” ist, was es auf der Welt gibt, das ist den Menschen noch nicht aufgegangen.

Erich Fromm, Psychoanalytiker


Die Idee das man Glück durch Konsum kaufen kann ist eine kurzsichtige Illusion, gemessen an dem Preis an Lebenszeit welcher zu bezahlen ist um an der modernen Konsum und Überflussgesellschaft vollumfänglich teilzunehmen. In einer Gesellschaft in der Jedoch die Konsumistische Ideologie vorherrschend ist scheint es den Menschen unverständlich zu sein das jene Werte welche nicht in Warenform gepresst gehandelt werden kann der wichtigsten sind welche uns zur Verfügung stehen, nämlich unsere freie Lebenszeit ohne welche die Erlangung von Glück nicht möglich ist. In diesem Sinne, wenn ihr glücklich sein wollt dann gilt es sich auf das zurück zu besinnen was wirklich wichtig ist, sich die Zeit für die Familie und gesellschaftliche Aktivitäten und Kulturelles Schaffen zu nehmen. Dabei sollte man sich nicht länger von einer falsch verstandenen Arbeitsmoral blenden lassen. Denn im Gegensatz zu früher können wir bei unserer heutigen Produktivität auch mit zunehmend weniger Arbeit ein gutes Leben führen.

Das Festhalten an den alten Vorstellungen der Vollzeitarbeitsgesellschaft führt bei steigender Produktivität zwangsläufig auch zu einer steigenden Flut an Konsumgütern und Dienstleistungen, der so befeuerte Konsumismus verschleiert jedoch lediglich den Blick auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben so das ein mehr an Faulheit heutzutage für das individuelle wie auch gesellschaftliche Wohlergehen durchaus förderlich wäre. Das einzelne Individuum ist in unserem modernen Wirtschafts und Gesellschaftssystem nichts weiter als ein einzelnes isoliertes Teilchen von welchem erwartet wird das es sich den Marktgesetzen unterordnet und seine Arbeits bzw Lebenszeit zu Markte trägt. Alle Menschen werden somit gleichsam an das starre System des Arbeitsprozesses gebunden, der Gedanke daran das das Leben auch anders sein könnte wird ihnen von Staat und Wirtschaft systematisch ausgetrieben da sie es ansonsten kaum aushielten ihre Lebenszeit und Arbeitskraft ständig zu markte zu tragen.


Jedenfalls will es mir dünken als ob der Menschentypus der heute auf die Welt kommt vorweg schon zu einem außerordentlich weitem Maß in die verwaltete Welt hinein passt, das er gleichsam in sie hinein geboren wird. Starr sind diese Menschen weil sie eigendlich keine Spontanität mehr haben , weil sie eigendlich gar nicht mehr ganz leben, sondern weil sie selber sich bereits als die Dinge, als die Automaten erfahren als die sie verwendet werden.
Theodor W. Adorno, Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker und Komponist.

Das beste Beispiel für diesen “Menschentypus” ist wohl der des typischen Managers in einer Großbank oder des Bürrokraten im Staatsapperat. Für diese Menschen existieren die Mitmenschen über deren Schicksal sie entscheiden nur als Objekte, nur als Zahlen auf dem Papier welche es ihm ermöglichen ohne jegliche Emotionen und zwischenmenschliche Symphatie/Antiphatie Urteile über sie zu fällen und ihre Zukunft zu besiegeln. Eine einzelne Unterschrift genügt um tausende Menschen in die Arbeitslosigkeit zu entlassen oder aus ihren Häusern zu werfen ohne mehr über diese Menschen und ihre Lebensumstände zu wissen. Das einzige was zählt ist die gesetzen Anforderungen wie eine Maschine zu erfüllen.

Das Merkwürdige an diesem System ist das die Neoliberalen Ideologen welche diese Gesellschaftsform predigen nicht müde werden zu betonen wie Freiheitlich doch die Unterordnung des einzelnen Menschen unter den Selbst-Vermarktungszwang der sogennanten “Freien Marktwirtschaft” ist. Anscheinend sind tatsächlich sehr viele Menschen von der Vorstellung Indoktriniert das sie meinen ihre Freiheit, ihre Selbstverwirklichung nur durch das zu Markte tragen ihrer eigenen Lebenszeit in der Neoliberal geprägten Arbeitsgesellschaft erreichen zu können. In den Schulen und in den (Staats)Medien und Universitäten wird uns dieses System als das einzig Freiheitliche eingehämmert obwohl es in Bezug auf das einzelne Individum die Inkorporation einer Ideologie der Selbstversklavung fördert wie kein anderes. War im Stalinismus oder im Faschismus die Ausbeutung und Versklavung der Menschen unter das System offensichtlich so ist dies im Neoliberalismus durch eine Pseudofreiheit verschleiert welche den Menschen die illusion lässt sie hätten tatsächlich die Wahl ein anderes Leben zu leben und wenn sie es nicht tun sei dies ihre eigenes Verschulden welches auf mangelnden Fleiß oder Bildung zurück zu führen sei. Den Menschen wird von der Werbeindustrie die Illusion eingebläut das wenn sie nur ihr Leben der fleißigen Arbeit opferten sie sich Reichtum erwirtschaften könnten von welchem sie später das Glück in Form von Konsumgütern kaufen könnten.

Diese Illusion der Freiheit an die tatsächlich ein großer Teil der Bevölkerung fest glaubt erinnert an die Funktion des “Neusprech” in Orwells 1984 “Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei und Unwissenheit ist Stärke”. Die Überzeugung das das Neoliberale System tatsächlich Freiheitlich ist macht es für die Menschen unmöglich sich ein Leben in wirklicher Freiheit überhaupt vorstellen zu können, aus diesem Grunde ist dieses System auch erfolgreicher und hat alle anderen Systeme der offenen Unterdrückung (Staatssozialismus, Faschismus) überleben können.

Da es wohl auf Absehbare Zeit nicht möglich sein wird ein anderes Gesellschaftssystem zu realisieren bleibt wohl nichts anderes übrig als sich selbst von den zwängen welche von dem derzeitigen Gesellschaftsystem ausgehen zu befreien und die Arbeit und den Konsum auf das Maß zu beschränken welche einem ein möglichst freies Leben mit viel Zeit ermöglichen was dem eigenen Lebensglück durchaus förderlich sein dürfte. Je mehr Menschen dies erkennen desto mehr würde zudem dem vorherrschenden System welches auf den stetig steigenden Massenkonsum angewiesen ist die Existenzgrundlage entzogen und die Möglichkeiten zum Aufbau einer Freiheitlichen Gesellschaft geschaffen welche sich an den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Menschen orientiert. Aber selbst wenn dies nicht eintreten sollte lohnt es sich sich selbst von den vom System geschürten Ängsten und Zwängen soweit es geht zu befreien und ein selbstbewusstes Leben ohne Angst zu führen anstatt weiter den leeren Versprechen vom Glück durch Konsum und Materialismus hinterherzulaufen und dafür das eigene Leben, die eigene Lebenszeit zu opfern.


Quelle 


Dazu passend ►

Die geldlose Gesellschaft als endgültige Lösung der Finanzkrise 

Mein Leben ohne Geld

Thursday 1 March 2012

Jutta Ditfurth zu Gauck


Mit Christian Wulff hat sich die politische Klasse eines lästig geworden kleinbürgerlichen korrupten Aufsteigers entledigt, während die viel größeren Geschäftemacher der Parteien weiter ungestört ihren Interessen nachgehen können. Um die Peinlichkeit zu übertünchen, wurde nun Joachim Gauck, der Prediger für die verrohende Mittelschicht gerufen.
Dass CDU/SPD/FDP und Grüne ihn gemeinsam aufstellen verrät uns, dass uns noch mehr Sozialstaatszerstörung, noch mehr Kriege und noch weniger Demokratie drohen. Einen wie ihn holt man, um den Leuten die Ohren vollzuquatschen.
Gaucks neoliberales Verständnis von Freiheit als Freiheit des Bourgeois, schließt soziale Menschenrechte aus. Von sozialer Gleichheit als Bedingung wirklicher Freiheit versteht er nichts. Mit der Agenda 2010 und ihren brutalen Folgen ist er sehr einverstanden, für die Betroffenen und ihre Proteste hat er stets nur Verachtung. Kritik am Kapitalismus findet Gauck lächerlich. Die Entscheidung zur Begrenzung der Laufzeit von AKWs gefühlsduselig.
Dem Krieg in Afghanistan hat Gauck die Treue gehalten, denn auch dieser Christ ist ein Krieger. In der Vertriebenfrage ist der künftige Bundespräsident ein Kumpan von Erika Steinbach und hat Probleme mit der polnischen Westgrenze. Was er von Demokratie und Humanismus hält, verrät er, indem er für die Verfassungsschutzüberwachung der Linkspartei eintritt und den Ideologen des Rassismus der Mitte, Thilo Sarrazin, "mutig" findet. Hat jemand je eine scharfe und überzeugende Kritik an Nazis von ihm gehört? Fremdenfeindlichkeit kann er verstehen, aber er schätzt es nicht, »wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird«.
Gauck ist ein Anhänger der Totalitarismusideologie, der Gleichsetzung von Kommunismus und Faschismus. Mit seiner Aufstellung als Kandidat bekennen sich CDU/SPD/Grüne und FDP zu dieser unerträglichen reaktionären Weltsicht. Der Kandidat und die vier ihn aufstellenden Parteien passen zu einander.
Das Amt des Bundespräsidenten ist überflüssig, ein feudales Relikt für obrigkeitsgläubige Deutsche.

Quelle

5 Gründe für ein bedingungsloses Grundeinkommen



1. Wir können es: Der gesellschaftliche Reichtum ist vorhanden

Wir leben in einer Gesellschaft, die über einen nie gekannten Reichtum verfügt. Ich rede hier nicht von Geld. Geld ist, wenn’s ernst wird, ja nichts als bunt bedrucktes Papier oder Zahlen in einer Bilanz. Das kann man nicht essen oder zu irgendetwas Konkretem gebrauchen. Ich rede vom materiellen Produkt, vom unmittelbaren stofflichen Reichtum. Weltweit gibt es genügend Nahrung, Ressourcen zum Wohnungsbau, Gegenstände des täglichen und des langfristigen Bedarfs um allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Es gibt auf der Ebene des vorhandenen Produkts keinen Mangel und damit keinen ökonomischen Grund für Elend und Hunger. Eine ausreichende Versorgung aller ist eine Frage der Verteilung und des politischen Willens.


2. Wir können es dauerhaft: Die Reproduktion des Reichtums ist mit wenig Arbeit möglich

Wir leben erstmals historisch in einer Gesellschaft, die mehr produzieren kann, als alle für ein gutes Leben brauchen. In früheren Zeiten führten Produktivitätsfortschritte lediglich dazu, dass mehr Menschen satt werden konnten oder dass für eine zunehmende Zahl das Elend abnahm. Heute kann der immense gesellschaftliche Reichtum offenbar mit weniger unmittelbarer menschlicher Arbeit hergestellt werden, als uns zur Verfügung steht. Ich will hier dem Gedanken nicht nachgehen, dass sich dies gerechterweise darin niederschlagen sollte, dass alle weniger arbeiten müssten und nicht darin, dass einige mehr und andere gar nicht mehr arbeiten, obwohl auch das ein wichtiger Aspekt dieser Sache ist.

Hier geht es mir darum, dass wir offenbar über die Technologie, das Wissen, die Erfahrung verfügen, die es uns ermöglichen, den gesellschaftlichen Reichtum zu reproduzieren, ohne die Einzelnen dauernd und kompromisslos zur Arbeit zu zwingen. Ich bin überzeugt, dass so gut wie alle Menschen Lust haben, tätig zu sein, sich mit Natur und Umwelt auseinander zu setzen, kreativ und produktiv etwas zu machen. Aber selbst wenn einige das erst mal verweigern würden, könnte diese Gesellschaft das verkraften ohne zu verarmen. Bei vielen geht es ohnehin weniger darum, gar nicht zu arbeiten als darum, die konkreten Arbeiten abzulehnen, die gefährlich, schädlich, uninteressant sind. Wäre erst mal niemand gezwungen, jede Arbeit um jeden Preis anzunehmen, weil jedeR über ein Einkommen verfügte, würde sich der Charakter der Arbeit ändern. Die Angebote würden interessanter, berücksichtigten mehr eigene Bedürfnisse oder müssten zumindest besser bezahlt werden. Langeweile und Neugier würden mit der Zeit das Ihre tun.


3. Wir können es bezahlen: Ein Grundeinkommen ist finanzierbar

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle eines Grundeinkommens. Es gibt Überlegungen, einen bestimmten Betrag an jede Person auszuzahlen, es gibt die Idee, das vorab mit der Steuer zu verrechnen, es gibt die Vorstellung, das Vorhandensein von Arbeitseinkommen zu prüfen und dann auf eine Mindesthöhe aufzustocken. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen über die notwendige Höhe eines Mindesteinkommens. All das ist offen und muss diskutiert werden. Aber gemeinsam ist all diesen Überlegungen, dass sie vielfältig durchgerechnet wurden und dass feststeht, dass sie bezahlbar sind. Bisherige Sozialversicherungsbeiträge, die Beträge sozialer Umverteilung, die Abschaffung heutiger bürokratischer Kontroll- und Verwaltungsapparate und eine gerechtere Heranziehung hoher Einkommen und Vermögen reichen allemal zur Finanzierung.


4. Wir müssen es: Die Vollbeschäftigung kommt nicht wieder

Bisher sind in der BRD und in vielen anderen Ländern soziale Ansprüche und Leistungen an Erwerbsarbeit gekoppelt. Das kann nur dann zu einer umfassenden Versorgung und Vorsorge führen, wenn weitestgehend jedeR eine solche Arbeit hat. Dieser Zustand der Vollbeschäftigung war aber offensichtlich historische Ausnahme. Es spricht nichts dafür, dass er wieder herstellbar wäre. Die Zunahme der Produktivität lässt sogar eher erwarten, dass wir uns noch weiter davon entfernen als schon jetzt. Aber selbst wo diese Einschätzung der Produktivitätsentwicklung nicht geteilt oder nicht gewünscht wird, behauptet kaum jemand ernsthaft, dass auf absehbare Zukunft Vollbeschäftigung wieder möglich sein werde. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als Einkommen und Erwerbsarbeit zunehmend zu entkoppeln. Soziale Teilhabe oder Ausgrenzung hängen in Zukunft wesentlich davon ab, dass ganz real jedeR über ein Einkommen verfügt, auch wenn sie oder er keine Erwerbsarbeit hat. Eine Arbeitsstelle mag ein Recht sein, ein Einkommen ist eine Notwendigkeit.

5. Wir müssen es wollen: Der alte Sozialstaat war ohnehin keine emanzipatorische Einrichtung

Ich finde diese Perspektive auf  ein Ende der Vollbeschäftigung, auf eine Trennung von Arbeit und Einkommen höchst erfreulich. Es ist gut, dass es all die Produktivitätsforschritte gibt, die es uns ermöglichen, immer weniger Zeit mit Erwerbsarbeit zu verbringen. Es gibt so viele Tätigkeiten, die der Erwerbsarbeit vorzuziehen sind! Rationalisierung ist etwas Gutes, wenn sie zu mehr Zeit führt, über die wir selbst bestimmen können. Es fallen mir noch eine ganze Reihe von Arbeiten ein, die schwer, schädlich, schmutzig, stumpfsinnig sind und die doch bitte von Maschinen erledigt werden sollten.

Und es geht nicht nur um den Inhalt der konkreten Arbeit, es geht auch um den herkömmlichen Sozialstaat als gesellschaftliches Regulationsmodell: Ich will nicht zurück zu einem Staat, der über Arbeit reguliert, sortiert, Rangordnungen des Ansehens festlegt. Ich will nicht zurück zu einem (Fabrik)Arbeitssystem, das anpasst und zurichtet, damit die Beteiligten sich problemlos beherrschen lassen. Ich will nicht zurück zu einem Sozialstaat, der Anspruch auf soziale Teilhabe an die Unterwerfung unter diese Arbeitsreglementierung bindet, der Frauen, Kranke, Unangepasste ausgrenzt oder an einen männlichen Hauptverdiener und „Ernährer“ bindet.

Nicht zufällig haben im Zuge des Aufbruchs Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts (nicht nur aber) vor allem Jugendliche massenweise freiwillig die Prekarität aufgesucht um dieser Reglementierung zu entkommen. Die alte emanzipatorische Sozialstaatskritik ist immer noch richtig, auch wenn sie im Zuge der neoliberalen Offensive zum Teil verschüttet wurde. Um nicht missverstanden zu werden: Was es an sozialen Errungenschaften und Reglungen gibt, muss verteidigt werden. Niemals dürfen wir unvollkommenes Vorhandenes aufgeben ehe wir etwas besseres Neues wirklich haben. Aber kämpfen sollten wir für ein solches Neues, nicht für das verlorene Alte.

Und da wäre ein Grundeinkommen ein wichtiger erster Schritt. Es würde uns durch die Prekarität aller heutigen Lebensverhältnisse hindurch den Blick auf eine emanzipatorische Gesellschaft öffnen, in der Menschen nicht mehr vernutzt würden, sondern in Kenntnis ihrer eigenen Bedürfnisse und unter Nutzung ihrer eigenen Fähigkeiten ihre Lebenswelt selbstbewusst gestalten. Zu dieser Gestaltung würde dann selbstverständlich auch die Reproduktion es gesellschaftlichen Reichtums gehören.