Wednesday 12 September 2012

Das Internet verlassen ─►




 
    1. Schließe alle offenen Seiten und beende dein Internetprogramm
    2. Fahre das Betriebssystem deines Rechners ordnungsgemäß herunter
    3. Schalte Computer, Monitor, ggf Drucker und Modem aus
    4. Nimm in mehreren Stufen Kontakt mit deiner Außenwelt auf:


Stufe 1  
Öffne ein Fenster und atme die frische Luft ein. Achtung, das Fenster lässt sich jetzt nicht mehr verschieben und auch Helligkeit und Kontrast lassen sich nicht mehr verstellen. Ebenfalls die Lautstärke: auf die kannst du keinen Einfluss mehr nehmen. Nimm alles so, wie es ist. Die Geräusche sind keine Simulation, alles ist real!

Stufe 2 
Geh ein paar Schritte durch das Zimmer. Was sich unter dir bewegt, sind deine Beine, also keine Panik. Bisher läuft alles normal!

Stufe 3
Schau dich um, ob noch jemand in deiner Nähe ist, ob sich etwas bewegt. Gehe darauf zu und sprich es an. Eine Tastatur ist hierfür nicht erforderlich. Antwortet dein Gesprächspartner? Wenn ja, dann sei jetzt bitte äußerst vorsichtig, denn das ist kein Forum und auch kein Chatroom. Überlege dir also bitte genau, was du sagen willst. Beleidigungen können jetzt zu körperlichen Schäden führen!

Stufe 4
Versuche, Nahrung zu dir zu nehmen. Dazu öffnest du bitte alle Schranktüren. Sollte in einem Schrank ein Licht angehen, dann hast du dein Ziel erreicht, den Kühlschrank gefunden. Schau hinein, ob etwas Essbares vorhanden ist. Wenn du Cookies findest, versuche sie gar nicht erst zu löschen, bei allen anderen Dingen achte bitte auf das Verfallsdatum.

Stufe 5
Verlass jetzt das Haus, um den Schrank mit Licht wieder aufzufüllen. Achtung, wenn dir alles fremd vorkommt, dann bitte jemanden, dich bis zum Lebensmittelgeschäft zu begleiten. Schau dich um, die Autos sind alle echt. Überquere die Straße erst, wenn diese wirklich frei ist. So unwahrscheinlich es klingt, hier hast du nur ein Leben. Speichern und Neustart hilft hier nicht und du wirst auch keinen Händler finden, der dir Heilkräfte verleiht.

Stufe 6
Sollten dir auf dem Rückweg kleine Kinder entgegen kommen und immer wieder "Papa, Papa!" oder "Mama, Mama!" rufen, kann es sich nur um deine eigenen handeln. Tja, die kleinen Racker haben dich wirklich nicht mehr so gut in Erinnerung, aber macht nichts, wenn dir erst einmal die Namen wieder eingefallen sind, wirst du dich an sie recht schnell gewöhnen. Frag sie, wo ihr Zuhause seid, aber Achtung: in der Adresse gibt es kein dot-com und auch keine Toplevel-Domain.

Stufe 7
Wieder zu Hause angekommen, setzt du dich einfach mal gemütlich in einen Sessel - nein, nicht in den vor dem Computer!!!

Klasse, bald hast du es geschafft. Nun lies einige Seiten in einem Buch. Bücher, das sind die dicken, schweren Dinger, die man aufklappen kann. Manche haben sogar schöne bunte Bilder, das Schwarze nennt man Buchstaben. Na, merkst du, wie beim Lesen oben die Birne arbeitet? Das sind Gedanken, die sich zurückmelden. Es nützt allerdings nichts, wenn du jetzt mit dem Finger auf die Seite klickst, um weiter zu blättern.

Stufe 8
Mehr als zehn Seiten solltest du am Anfang nicht lesen. Leg das Buch wieder weg, aber nicht zu weit.

Nun ruf mal nach deinem Ehepartner, das ist die Person, die sich all die Jahre kopfschüttelnd von dir wegbewegt hat. Versichere ihr/ihm, dass alles wieder normal werden wird und sag nicht immer nur 'LOL', sondern lache auch mal wieder. Gegebenenfalls fragst du nach, wie das funktioniert. Am besten gewöhnst du dich langsam wieder an eine normale Sprache. Hacken kann man zu Beispiel auch Holz und vergiss nicht: Crack ist eine Droge. Falls dein Ehepartner vorschlägt, einen Arzt aufzusuchen, dann pass auf: Viren und Würmer haben jetzt eine völlig andere Bedeutung.

In den ersten Tagen wird dir kaum jemand abkaufen, dass du es schaffen wirst, aber halte trotzdem durch. Apropos abkaufen: verkaufe so schnell es geht dein Modem und schaff dir ein Aquarium an. Es funktioniert so ähnlich wie ein Bildschirmschoner, ist aber ein erstes Anzeichen von Heilung.


So, du hast es geschafft :lol: nein, drück jetzt nicht Strg+Z ...
 

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