Die Wirtschaft ging daran, die Gesellschaft bewusst nach ihrem Ebenbild umzuformen. Die Bundesrepublik sollte wie ein Unternehmen geführt, zur "Deutschland AG" zugerichtet werden. Alle Gesellschaftssphären - von der Bildung, über die Krankenversorgung, das Rentensystem, den Sozialstaat bis zur Familienpolitik - wurden einem gnadenlosen Kosten-Nutzen-Kalkül unterzogen. Ein totalitärer Ökonomismus strebte die Eliminierung aller als Kostenfaktoren identifizierten Bereiche und Strukturen an, die die fetischisierte Wettbewerbsfähigkeit des "Wirtschaftsstandortes Deutschland" zu unterminieren schienen. [...]
Sobald ein Arbeitsloser eine ausbeuterische Arbeitsgelegenheit - etwa bei einer Zeitarbeitsfirma - ablehnt, nicht einem stupiden Weiterbildungskurs (Computerbedienung für Anfänger) teilnimmt oder das mit einem Euro die Stunde vergütete Sammeln von Hundescheiße im Park verweigert, können seine "Fallmanager" ihm bekanntlich das ohnehin unzureichende Arbeitslosengeld 2 kürzen und im Wiederholungsfall sogar ganz streichen. [...]
Inzwischen werden die Lohnabhängigen in Deutschland buchstäblich in den Wahnsinn gehetzt, wie die extreme Zunahme von berufsbedingten psychischen Erkrankungen offenbart: Um 120 Prozent sei die Zahl der psychischen Erkrankungen unter Deutschlands "Arbeitnehmern" seit 1994 angestiegen [...] Allein in den vergangenen sieben Jahren sind die auf diese ausbeutungsbedingte Erkrankung zurückgeführten Krankheitstage um das Elffache (auf 2,7 Millionen Fehltage) explodiert. [...]
Ein Blick gen Süden, etwa nach Griechenland, genügt somit, um der Zukunft des Arbeitslebens in der Bundesrepublik ansichtig zu werden. Die in Hellas verhasste "Troika" aus IWF, EZB und EU-Kommission forderte etwa Ende 2012 die Einführung einer Sechs-Tage-Woche mit 13-Stunden-Tagen, die Griechenlands Lohnabhängige durchzustehen hätten, "wenn der Betrieb dies als nötig einstuft," wie die Welt meldete. Es braucht nur eines abermaligen Krisenschubs, um diese bislang unerfüllten Forderungen Realität werden zu lassen.
"Der Blick in das 18. Jahrhundert ist der Blick in die Hölle unserer eigenen Zukunft", prognostizierte der Krisentheoretiker Robert Kurz in seinem "Schwarzbuch Kapitalismus" schon Ende des 20. Jahrhunderts.
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