Sozialbericht NRW 2012
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Armuts- und Reichtumsbericht
Das Wichtigste in Kürze. (WL)
Einkommensentwicklung und –verwendung
- … Von 2002 bis 2008 ist das Vermögenseinkommen deutlich
gestiegen, während das Arbeitnehmerentgelt von 2000 bis 2006 stagnierte
und von 2006 bis 2008 nur vergleichsweise moderat gestiegen ist.
- Der Anstieg des durchschnittlichen verfügbaren Pro-Kopf-Einkommens
hat in der vergangenen Dekade gerade den Anstieg des Preisniveaus
(Inflation) ausgeglichen…
- Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten,
die einen Niedriglohn von weniger als 1.890 Euro im Monat erhalten, lag
Ende 2010 bei 20,4 %. Im Dezember
2000 war die Niedriglohnquote mit 16,3 % noch deutlich niedriger. Das
mittlere Bruttomonatsentgelt der Niedriglohnempfänger/-innen lag Ende
2010 bei 1.399 Euro.
- … Ein Drittel der sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigten Frauen (33,3 %) beziehen einen Niedriglohn…
- Während jedoch bei den 20 % der Haushalte mit den
niedrigsten Einkommen von 2003 bis 2008 nominale Einkommensverluste zu
verzeichnen waren, zeigen sich bei den 20 % der Haushalte mit dem
höchsten Einkommen überdurchschnittliche Steigerungen beim
ausgabefähigen monatlichen Einkommen. Insgesamt ist somit die Schere
zwischen Haushalten mit höherem und niedrigem Einkommen weiter
auseinandergegangen.
- Zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse, wie Miete,
Nahrungsmittel oder Kleidung wurden 2008 durchschnittlich etwas mehr als
die Hälfte (51,6 %) der gesamten Ausgaben aufgewendet. Bei den
Haushalten, die zu den unteren 10 % der Einkommensverteilung gehören,
entfielen 75,3 % der Ausgaben auf den Lebensunterhalt.
- Am unteren Rand der Einkommensverteilung besteht so gut wie
kein Spielraum zur Vermögensbildung. Im obersten Dezil wurden dagegen im
Mittel 1.564 Euro im Monat für die Vermögensbildung aufgewendet.
- Die Zahl der überschuldeten Personen in Nordrhein-Westfalen lag 2011
bei 1,59 Millionen und damit um rund 38.000 Personen höher als im Jahr
2004.
Armut
- Im Jahr 2010 galt in Nordrhein-Westfalen als einkommensarm, wer über
ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen von monatlich weniger als 815 Euro
(= 60 % des mittleren
Einkommens in Nordrhein-Westfalen) verfügte.
- Mehr als jede siebte Person in Nordrhein-Westfalen war im Jahr 2010 von relativer Einkommensarmut betroffen (14,7 %).
- Kinder und junge Erwachsene tragen ein überdurchschnittliches
Armutsrisiko. Fast jedes fünfte Kind im Alter von unter 18 Jahren (19,9
%) und 22,5 % der 18- bis unter 25-Jährigen leben in einem
einkommensarmen Haushalt.
- Alleinerziehende und ihre Kinder sowie Personen in kinderreichen
Paarhaushalten (mit drei oder mehr Kindern) unterliegen einem stark
überdurchschnittlichen Armutsrisiko
(37,6 % bzw. 27,3 %).
- Mehr als die Hälfte der Erwerbslosen (51,7 %) ist von relativer Einkommensarmut betroffen.
- Mehr als jede vierte Person mit Migrationshintergrund ist von
relativer Einkommensarmut betroffen (28,6 %), bei Personen ohne
Migrationshintergrund gilt dies nur für jede zehnte Person (10,4 %).
- 13,5 % der Personen im Alter von unter 18 Jahren sind von mehr als
einer Risikolage betroffen, bei 4,2 % liegt ein Mangel in allen drei
Bereichen vor (Einkommen, Bildung und Erwerbsbeteiligung der Eltern).
- Im Dezember 2010 lag die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger von
Mindestsicherungsleistungen bei 1,89 Millionen. Damit hat mehr als jede zehnte Person in Nordrhein- Westfalen (10,6 %) Mindestsicherungsleistungen empfangen.
- Die große Mehrheit der Mindestsicherungsempfänger/-innen beziehen
SGB-II-Leistungen (86,0 %). Im Dezember 2010 lag die Zahl der Personen
mit SGB-II-Bezug bei rund 1,6 Millionen.
Einkommenszusammensetzung und –verteilung
- Für 84,4 % der Steuerfälle war 2007 Einkommen aus nicht
selbstständiger Tätigkeit die überwiegende Einkommensart. Typisch für
diese Gruppe ist, dass sie kaum andere
Einkommensquellen hat. 87,6 % ihres Bruttogesamteinkommens entstammten aus nicht selbstständiger Tätigkeit.
- Steuerfälle mit überwiegend selbstständiger Tätigkeit erzielten das
höchste durchschnittliche Bruttogesamteinkommen (93.499 Euro im Jahr
2007). Die zweithöchsten Einkommen erzielten Steuerfälle, deren
Einkommen überwiegend aus Gewerbebetrieben stammten (2007: 72.091 Euro).
Steuerfälle mit überwiegendem Einkommen aus nicht selbstständiger
Tätigkeit kamen 2007 auf 38.918 Euro.
- Durchschnittlich betrug 2007 der Anteil des Nettoeinkommens am
Bruttogesamteinkommen, also der Teil des Einkommens, der zum Konsum
verbleibt, 60,9 %. Vom Bruttogesamteinkommen entfielen 24,5 % auf
vorsorgebedingte Abzüge (Sozialversicherungsbeiträge und analoge
Aufwendungen zur privaten Absicherung von Lebensrisiken) und 13,8 % auf
die Einkommensteuer.
- Vom 2. bis zum 7. Dezil wird vor allem aufgrund des mit der
Einkommenshöhe steigenden Steueranteils der Anteil des Nettoeinkommens
am Bruttogesamteinkommen immer geringer. Im 2. Dezil verblieben netto
69,8 %, im 7. Dezil waren es 55,2 %. In den darauf folgenden Dezilen lag
dieser Wert wieder höher, da ab dem 7. Dezil der Anteil des
Bruttogesamteinkommens, der für vorsorgebedingte Abzüge aufgewendet
wird, sinkt. Im 10. Dezil verblieb mit 66,1 % des Bruttogesamteinkommens ein Wert, der in etwa dem des 3. Dezils entsprach.
Reichtum
- Im obersten Dezil wurden 2007 35,6 % des gesamten
Nettoeinkommens erzielt. Im 9. Dezil waren es 16,2 %… Auf das 2. Dezil
entfielen lediglich 1,4 % des gesamten Nettoeinkommens.
- Wer in Nordrhein-Westfalen zu den obersten 1.000 Spitzenverdienern
zählt, verfügte 2007 durchschnittlich über ein Äquivalenzeinkommen von
3,37 Millionen Euro… Bei den obersten 1.000 Steuerfällen hatten 2007
83,5 % überwiegend Einkommen aus Gewerbebetrieben
- Das Vermögen ist noch wesentlich ungleicher verteilt als das Einkommen.
Im untersten Fünftel der Vermögensverteilung war 2008 überhaupt kein
Vermögen vorhanden, auf das zweite Fünftel entfielen gerade einmal 1,3 %
der gesamten Vermögenssumme.
Das oberste Fünftel in der Vermögensverteilung besaß 2008 nahezu
drei Viertel des gesamten privaten Vermögenswertes des Landes (71,1 %).
Bildung
- Im Jahr 2010 verfügte mehr als ein Drittel der Bevölkerung im Alter
von 20 bis unter 65 Jahren über die (Fach-)Hochschulreife (35,3 %). Zur
Jahrtausendwende traf dies erst auf ein Viertel (25,5 %) zu. Ohne
Schulabschluss waren 2010 5,1 % der Bevölkerung im Alter von 20 bis
unter 65 Jahren. Im Jahr 2000 waren es 3,7 %.
- Auch bei den beruflichen Abschlüssen ist der Trend zu einer
stärkeren Verbreitung höherer Abschlüsse ungebrochen: Im Jahr 2010
verfügten 16,5 % der Bevölkerung im Alter von 25 bis unter 65 Jahren
über einen (Fach-)Hochschulabschluss. Im Jahr 2000 lag der entsprechende
Anteil mit 12,8 % noch deutlich niedriger.
- Der Anteil der 25- bis unter 65-Jährigen, die keinen
beruflichen Abschluss erzielt haben, blieb mit gut einem Fünftel (21,5
%) unverändert hoch.
- Die Bildungschancen hängen nach wie vor stark von der sozialen Herkunft ab. Dies zeigt sich sehr deutlich bei der Wahl der weiterführenden Schule. Von den Kindern aus
einkommensarmen Haushalten, deren Eltern gering qualifiziert sind, geht
nur jedes zwölfte (8,1 %) auf ein Gymnasium. Bei Kindern mit einem hoch
qualifizierten Elternteil, die nicht von Einkommensarmut betroffen sind,
ist es mehr als jedes zweite (59,2 %).
- Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund unterscheidet sich sehr deutlich zwischen Hauptschule und Gymnasium. Mehr als die Hälfte der Hauptschülerinnen und -schüler weisen einen Migrationshintergrund auf (50,4 %). Bei den Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der Sekundarstufe I trifft dies nur auf weniger als ein Viertel (23,7 %) zu.
Erwerbsbeteiligung
- Die Zahl der Erwerbstätigen ist von 2000 bis 2010 nicht in
gleichem Maße gestiegen wie das Erwerbspersonenpotenzial. Demzufolge lag
die Zahl derer, die ihren Erwerbswunsch nicht realisieren konnten, im
Jahr 2010 deutlich über dem Niveau des Jahres 2000. 13,0 % der Frauen
und 11,7 % der Männer mit Erwerbswunsch waren 2010 nicht erwerbstätig…
- In der vergangenen Dekade hat sich das Problem der Erwerbslosigkeit bei den 15- bis unter 30-Jährigen verschärft.
In dieser Altersgruppe lagen im Jahr 2010 sowohl die Erwerbslosenquoten
als auch die Langzeiterwerbslosenquoten über dem Niveau des Jahres
2000.
- Die vergangene Dekade ist durch eine zunehmende Flexibilisierung der Erwerbsformen gekennzeichnet. So ist von 2000 bis 2010 der
Anteil der Erwerbstätigen mit einem unbefristeten
Vollzeitarbeitsverhältnis (Normalarbeitsverhältnis) gesunken. Gestiegen
ist dagegen der Anteil der atypisch Beschäftigten (Teilzeitbeschäftigte sowie geringfügig und befristet Beschäftigte).
- Die Zahl derer, die sowohl ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit als
auch Arbeitslosengeld (ALG) II beziehen, ist von Dezember 2007 bis
Dezember 2010 um 13,7 % auf 298.546 gestiegen. Damit war Ende 2010
insgesamt gut ein Viertel der erwerbsfähigen Leistungsbezieherinnen und -bezieher erwerbstätig (25,8 %).
- Erwerbstätige ALG-II-Bezieherinnen und -Bezieher üben zu 16,5 % eine sozialversicherungspflichtige Vollzeittätigkeit aus.
- Die Armutsrisikoquoten von atypisch Beschäftigten liegen deutlich höher. Am höchsten ist die Armutsrisikoquote der geringfügig Beschäftigten,
die zudem seit 2005 (17,0 %) kontinuierlich gestiegen ist. 2010 war gut
ein Fünftel (20,8 %) der geringfügig Beschäftigten von relativer
Einkommensarmut betroffen.
Gesundheit
- 2009 bezogen in Nordrhein-Westfalen gut 300.000 Personen eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die häufigsten Gründe für eine Frühberentung waren psychische Erkrankungen (40,4 % der Neuzugänge),
gefolgt von den Muskel-Skelett-Erkrankungen wie z. B.
Bandscheibenvorfälle (14,2 %), Neubildungen (12,2 %) und Krankheiten des
Kreislaufsystems (9,6 %).
- Die Chancen auf ein gesundes und langes Leben sind ungleich in der Bevölkerung verteilt.
Ungleiche Lebens-, Arbeits- und Wohnbedingungen, ungleiche Chancen im
Zugang zu Gesundheitsleistungen, psychosoziale Faktoren sowie
Unterschiede im Gesundheitsverhalten führen dazu, dass sich soziale
Ungleichheit auf die Gesundheit auswirkt.
Wohnen
- Die Wohnungskaltmieten haben sich im Zeitraum 2000 bis 2010 um 10,8 %
verteuert, stärker haben die Wohnungsnebenkosten zugelegt (+18,7
Prozentpunkte). Eine noch größere Preissteigerung hat sich in diesem
Zeitraum bei den Haushaltsenergien (Strom, Gas und andere Brennstoffe)
vollzogen (+63,8 %).
- Das Angebot an preis- und belegungsgebundenen Wohnungen ist in
Nordrhein-Westfalen seit 2000 deutlich von 1,19 Millionen Wohnungen auf
744.500 Wohnungen im Jahr 2009 zurückgegangen. Zukünftig ist mit einem
weiteren Rückgang zu rechnen. Die Nachfrage nach öffentlich gefördertem
Wohnraum ist dagegen in den vergangenen Jahren nahezu konstant
geblieben.
- Ein Indikator für soziale Segregation ist die räumliche Konzentration von SGB IILeistungsbezieher(inne)n.
Für Nordrhein-Westfalen lassen sich anhand von sogenannten
„SGB-II-Dichten“ deutliche Unterschiede sowohl zwischen den
Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum als auch innerhalb der Städte
nachweisen.
Partizipation
- Bundesweite Studien zeigen, dass das politische Interesse, die
Wahlbeteiligung und die Wahrnehmung verbindlicherer Formen politischer
Aktivität (z. B. die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder
politischen Partei) in starkem Maße durch Bildung und Einkommen
beeinflusst werden.
- Die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen
2009 weist eine große Spannbreite zwischen den Kommunen auf und reicht
von 44,6 % in Düsseldorf bis zu 61,7 % in Coesfeld (Landesdurchschnitt:
52,4 %).
- Auf kleinräumiger Ebene werden Zusammenhänge zwischen der
Wahlbeteiligung und der sozialen Zusammensetzung beispielsweise eines
Stadtteils deutlich. Die Stadtteile mit niedriger
Wahlbeteiligung sind durch eine überdurchschnittliche Arbeitslosenquote
und eine hohe SGB-II-Quote gekennzeichnet.
Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen
- In Nordrhein-Westfalen lebten 2010 rund drei Millionen Kinder und
Jugendliche im Alter von unter 18 Jahren. Davon haben mit 36,9 % mehr
als ein Drittel einen Migrationshintergrund.
- Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen wächst in einer Familie mit
einem verheirateten (Eltern-)Paar auf. Dieser Anteil ist jedoch
rückläufig und lag 2010 bei 78,7 % (2000: 83,7 %). Immer mehr
Minderjährige leben bei einem alleinerziehenden Elternteil.
2010 traf dies auf 15,6 % der Minderjährigen zu (2000: 12,3 %).
- Sowohl Kinder von Alleinerziehenden als auch Kinder und Jugendliche
mit Migrationshintergrund wachsen überdurchschnittlich häufig bei gering
qualifizierten Eltern bzw. einem gering qualifizierten Elternteil auf.
- Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder von Eltern mit
niedrigem Bildungsstand besuchen die Kindertageseinrichtung seltener
bzw. kürzer als Kinder ohne Migrationshintergrund und Kinder von Eltern mit hohem Bildungsstand.
- Jede fünfte minderjährige Person lebt in einem
einkommensarmen Haushalt. Damit sind Kinder und Jugendliche
überdurchschnittlich häufig von relativer Einkommensarmut betroffen.
- In besonderem Maße von relativer Einkommensarmut betroffen sind Kinder und Jugendliche:
- deren Eltern nicht erwerbstätig sind,
- deren Eltern gering qualifiziert sind,
- die aus kinderreichen Familien stammen,
- die bei einem alleinerziehenden Elternteil aufwachsen,
- die einen Migrationshintergrund aufweisen.
- Mehr als jede sechste Person im Alter von unter 18 Jahren
lebte im Juni 2011 in einer Bedarfsgemeinschaft, die SGB-II-Leistungen
erhält (Monat/Jahr: 16,9 %). Die SGB-II-Quote der
Minderjährigen liegt damit deutlich über der SGB-II-Quote insgesamt
(11,4 %). Am stärksten betroffen sind mit einer SGB-II-Quote von 21,1 %
Kleinkinder im Alter von unter 3 Jahren.
- Bereits die Startchancen der Schüler/-innen variieren nach ihrer
sozialen Herkunft. So zeigen die Befunde der Schuleingangsuntersuchung
zu Entwicklungsbereichen, die zu den schulrelevanten basalen Fähigkeiten
gehören, deutliche Unterschiede nach dem Bildungsniveau der Eltern.
- Je länger ein Kind eine Kindertageseinrichtung besucht hat, desto seltener sind Entwicklungsauffälligkeiten. Kinder aus Elternhäusern mit niedrigem Bildungsniveau
scheinen im Hinblick auf ihre kognitive Entwicklung in besonderem Maße
von einer möglichst früh ansetzenden frühkindlichen Förderung in einer
Kindertageseinrichtung zu profitieren. Allerdings bleiben auch bei
längerer Dauer des Besuchs einer Kindertageseinrichtung deutliche
Unterschiede nach dem Bildungsniveau der Eltern bestehen.
- Die am häufigsten gewählte Schulform ist das Gymnasium, die am
seltensten gewählte die Hauptschule. Im Jahr 2010 lag der Anteil der
Übergänge an die Hauptschule nur noch bei 12,7 %. Zehn Jahre zuvor waren
es noch 18,8 %. Der Anteil der Übergänge an die Hauptschule war bei den
Schüler(inne)n ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit gut einem Viertel
(25,6 %) wesentlich höher als bei den deutschen Schüler(inne)n (11,4 %).
- Knapp 12.000 Schulabgänger/-innen haben 2010 die Schule verlassen,
ohne mindestens einen Hauptschulabschluss erlangt zu haben. Dies
entspricht 5,5 % der Schulabgängerinnen und -abgänger insgesamt.
Schülerinnen und Schüler ohne deutsche Staatsangehörigkeit verlassen die
Schule überdurchschnittlich häufig ohne Hauptschulabschluss (12,3 %).
Lebenslage älterer Menschen
- Renten und Pensionen stellen für die große Mehrheit der Älteren die
Haupteinkommensquelle dar: Dies gilt für 95,2 % der Männer und 79,9 %
der Frauen. Bei 17,2 % der Frauen ist der Unterhalt durch Angehörige die
wichtigste Quelle des Lebensunterhalts.
- Ende 2010 bezogen gut 112.000 Personen im Alter von 65 und mehr
Jahren Leistungen der Grundsicherung im Alter. Damit haben 3,6 % der
Frauen und 2,4 % der Männer der entsprechenden Altersgruppe diese
Leistungen bezogen. 2005 lagen die entsprechenden Quoten noch etwas
niedriger (3,1 % bei den Frauen und 1,9 % bei den Männern).
- Seit 2006 ist bei den Älteren ein leichter Anstieg der Armutsgefährdung zu beobachten
(von 9,0 % im Jahr 2006 auf 11,4 % im Jahr 2010). Damit sind Ältere
aber weiterhin unterdurchschnittlich von Einkommensarmut betroffen.
Ältere Frauen (12,8 %) unterliegen einem höheren Armutsrisiko als ältere
Männer (9,7 %).
- 14,4 % der älteren Frauen waren pflegebedürftig, bei Männern lag der
entsprechende Anteil bei 8,0 %. Bei beiden Geschlechtern steigt die
Pflegequote deutlich mit dem Alter an und beträgt im Alter von 90 und
mehr Jahren bei den Frauen 69,7 % und bei den Männern 36,7 %. Ein
entscheidender Grund für diese geschlechtsspezifischen Unterschiede
besteht darin, dass ältere Frauen häufiger alleine leben und auf fremde
Hilfe angewiesen sind, während pflegebedürftige Männer häufiger von
ihren Ehefrauen versorgt werden.
Lebenslage Geringqualifizierter
- Im Jahr 2010 waren 19,2 % der 25- bis unter 65-Jährigen gering
qualifiziert. Bei den Frauen ist der Anteil mit 21,8 % deutlich höher
als bei den Männern (16,5 %).
- Mehr als die Hälfte der Geringqualifizierten im Alter von 25 bis unter 65 Jahren hat einen Migrationshintergrund (51,1 %).
- Im Jahr 2010 verfügte mit 60,3 % die Mehrheit der 25- bis
unter 65-jährigen Geringqualifizierten über einen Hauptschulabschluss,
13,5 % hatten die Fachoberschulreife erzielt. Mehr als ein Viertel (26,2 %) hatte keinen allgemeinbildenden Schulabschluss.
- Vor allem jüngere Geringqualifizierte haben ein hohes und in der
vergangenen Dekade gestiegenes Risiko, von Erwerbslosigkeit betroffen zu
sein. Bei den Geringqualifizierten im Alter von 25 bis unter 35 Jahren
lag die Erwerbslosenquote im Jahr 2010 bei den Männern mit 27,6 % um
11,6 Prozentpunkte und bei den Frauen mit 22,4 % um 7,0 Prozentpunkte
über der des Jahres 2000.
- Das Armutsrisiko Geringqualifizierter ist überdurchschnittlich hoch
und zudem zwischen 2005 und 2010 gestiegen. Dies trifft auf alle
Altersgruppen zu. Am höchsten ist das Armutsrisiko in der
Altersgruppe der 25- bis unter 35-Jährigen. Diese waren 2010 zu 40,3 %
von relativer Einkommensarmut betroffen.
- Geringqualifizierte mit Migrationshintergrund sind deutlich häufiger
von relativer Einkommensarmut betroffen (38,3 %) als
Geringqualifizierte ohne Migrationshintergrund (28,0 %).
- Das Armutsrisiko von gering qualifizierten Erwerbstätigen war 2010
mit 18,6 % überdurchschnittlich hoch und in den vergangenen fünf Jahren
um 4,4 Prozentpunkte gestiegen. In der Vergleichsgruppe der 25- bis
unter 65-jährigen Erwerbstätigen insgesamt lag das Armutsrisiko dagegen
stabil auf vergleichsweise niedrigem Niveau (2005: 5,4 %, 2010: 5,7 %).
- Nicht nur das Risiko von Erwerbslosigkeit betroffen zu sein, fällt
bei den Geringqualifizierten deutlich überdurchschnittlich aus; wenn sie
erwerbslos sind, so ist auch ihr Armutsrisiko überdurchschnittlich
hoch. Erwerbslose Geringqualifizierte waren 2010 zu 68,6 % relativ
einkommensarm, fünf Jahre zuvor lag die Armutsrisikoquote mit 61,3 %
niedriger.
Lebenslage von Menschen mit Migrationshintergrund
- Im Jahr 2010 lebten in Nordrhein-Westfalen 4,16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, dies waren 23,3 % der Bevölkerung.
- Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist durchschnittlich jünger als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund.
Nahezu ein Viertel (22,2 %) ist unter 15 Jahre alt. Bei der Bevölkerung
ohne Migrationshintergrund ist dieser Anteil nur halb so hoch (11,0 %).
- Über mittlere und höhere Bildungsabschlüsse verfügen Personen mit
Migrationshintergrund seltener. Mit einem Anteil von 14,6 % bleiben sie
deutlich häufiger ohne allgemeinbildenden Abschluss als die Bevölkerung
ohne Migrationshintergrund (2,1 %).
- Auch berufliche Bildungsabschlüsse werden von der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund seltener erreicht. 44,7 % der Personen mit im
Vergleich zu 13,0 % der Personen ohne Migrationshintergrund bleiben ohne
beruflichen Bildungsabschluss.
- Die Erwerbstätigenquote der Bevölkerung mit Migrationshintergrund
ist unterdurchschnittlich. Dies gilt insbesondere für Frauen. Die
Erwerbstätigenquote ist jedoch auch bei der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund zwischen 2005 und 2010 angestiegen.
- Personen mit Migrationshintergrund sind deutlich
überdurchschnittlich häufig von Erwerbslosigkeit betroffen. 2010 fielen
die Erwerbslosenquoten der Personen mit Migrationshintergrund aber
deutlich niedriger aus als im Jahr 2005. Besonders deutlich sank die
Erwerbslosenquote bei den 55- bis unter 65-jährigen Personen mit
Migrationshintergrund (von 25,3 % im Jahr 2005 auf 13,8 % im Jahr 2010).
- Das Armutsrisiko der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt mit
28,6 % deutlich über dem der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund mit
10,4 %. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren mit Migrationshintergrund liegt die Armutsrisikoquote bei 33,2 %.
Lebenslagen im SGB-II-Bezug
- Im Juni 2011 erhielten 827.000 Bedarfsgemeinschaften mit 1,6
Millionen Personen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach
dem SGB II…
- Die Überwindung der Bedürftigkeit verläuft im Allgemeinen relativ
langsam: Knapp ein Drittel (31,1 %) der Bedarfsgemeinschaften, die im
Januar 2005 den Leistungsbezug begonnen haben, waren bis 2010
durchgehend auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen.
- Aufgrund einer gewissen Fluktuation unter den Leistungsberechtigten hat im Zeitraum 2005 und 2011 etwas mehr
als jede(r) fünfte Einwohner/-in Nordrhein-Westfalens (3,37 Millionen)
zumindest zeitweilig Leistungen der Grundsicherung erhalten.
- Nur die Hälfte der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in
der Grundsicherung für Arbeitsuchende war 2011 arbeitslos und hätte
durch Arbeitsaufnahme unmittelbar ihre Einkommensposition verbessern
können (2011: 46,3 %); 53,7 % waren wegen Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, Ausbildung o. Ä. nicht arbeitslos.
- Kinderreiche Familien und Alleinerziehende weisen deutlich
überdurchschnittliche SGB-II-Quoten aus, da auch bei Erwerbstätigkeit
das erzielte Einkommen für den Bedarf von Kindern und Partner(inne)n
häufig nicht ausreicht.
- Die Hälfte der Bedarfsgemeinschaften kann innerhalb von zwölf
Monaten den SGB-IIBezug zumindest kurzzeitig verlassen.
Bedarfsgemeinschaften mit einem/einer deutschen, jüngeren oder gut
qualifizierten Antragsteller/-in208) haben erhöhte Chancen, den Bezug
früher zu beenden.
- Nach einer Unterbrechung kehrt ein Drittel innerhalb von zwölf
Monaten in den Bezug zurück. Alleinerziehende haben zwar die längste
Bezugsdauer, aber auch das geringste Rückkehrrisiko; Paare mit zwei oder
mehr Kindern haben hingegen das höchste.
- Die häufig lange Dauer des Leistungsbezugs entsteht, weil neu
begonnene Beschäftigungen vor allem in Mehrpersonenhaushalten den Bedarf
oft nicht decken.
- Von den aus dem Leistungsbezug heraus begonnenen
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen waren etwas mehr als die
Hälfte (2008: 52,7 %) bedarfsdeckend…
- SGB-II-Leistungsbezieher/-innen weisen eine relativ große Erwerbsbeteiligung und Suchaktivitäten auf.
21,8 % der Antragsteller/-innen und deren Partner/-innen gingen im
Dezember 2009 einer Erwerbstätigkeit nach. Erwerbsfähige
Antragsteller/-innen und Partner/-innen in
Mehrpersonen-Bedarfsgemeinschaften sind überdurchschnittlich häufig
während des Leistungsbezugs erwerbstätig. Die Mehrheit der Aufstocker
war im Dezember 2009 geringfügig beschäftigt (58,8 %).
- Insgesamt waren 59,4 % der erwerbsfähigen Antragsteller/-innen und
Partner/-innen in den letzten vier Jahren (2006 bis 2009) mindestens
einmal sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt. In
Bedarfsgemeinschaften mit Kindern liegt dieser Anteil am höchsten, es
handelte sich dabei aber häufig nur um geringfügige Beschäftigungen. Nur 11,1 % der Antragsteller/-innen und Partner/-innen waren bisher ohne nachweisbare Beschäftigung.
Quelle: Sozialbericht NRW 2012 Armuts- und Reichtumsbericht
Nachtrag: Neuere Daten
- Die aktualisierten Indikatoren zeigen für das Jahr 2011 eine
positive wirtschaftliche Entwicklung und eine Belebung des
Arbeitsmarkts. Sowohl die Zahl der Erwerbslosen als auch der Personen
mit Bezug von SGB-II-Leistungen ist gesunken. Dennoch ist der Anteil
derer, die von relativer Einkommensarmut betroffen sind, gestiegen. Dies
ist darauf zurückzuführen, dass Niedrigeinkommensbezieher/- innen nur
in unterdurchschnittlichem Maße von der Einkommensentwicklung
profitieren konnten…
- Der nordrhein-westfälische Durchschnittsverdienst (Bruttolöhne und
-gehälter je Arbeitnehmer/-in) ist von 2010 auf 2011 um 3,0 % gestiegen
und damit stärker als in den vorangegangenen Jahren (2009: +/-0,0 %;
2010: +1,9 %). Auch die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitsstunde sind
nach einem leichten Rückgang im Jahr 2010 (–0,1 %) in 2011 im Vergleich
zum Vorjahr wieder gestiegen (+2,3 %). Dieser Anstieg lag auf dem Niveau
des Preisanstiegs im Jahr 2011 (+2,2 %5)). Die preisbereinigten
Bruttostundenlöhne
haben sich dementsprechend nur minimal verändert (+0,1%).
- Die Armutsrisikoquote lag 2011 in Nordrhein-Westfalen bei 15,8 %.
Der Anteil derer, die von relativer Einkommensarmut betroffen sind, ist
damit im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (2010: 14,7 %)
- Dass trotz positiver Entwicklungen am Arbeitsmarkt die
Armutsrisikoquote gestiegen ist, lässt sich darauf zurückführen, dass
Niedrigeinkommensbezieher/-innen von der Einkommensentwicklung nur in
unterdurchschnittlichem Maße profitiert haben… Besonders deutlich ist
das Armutsrisiko bei den Bevölkerungsgruppen gestiegen, die ohnehin
ein überdurchschnittliches Armutsrisiko aufweisen…
- Auch die Armutsrisikoquote von Kindern und Jugendlichen im Alter von
unter 18 Jahren und von jungen Erwachsenen ist überdurchschnittlich
gestiegen. Im Jahr 2011 lebte mehr als jede/r fünfte Minderjährige
(2011: 21,6 %; 2010: 19,9 %) und knapp jede vierte Person im Alter von
18 bis unter 25 Jahren (2011: 24,5 %; 2010: 22,5 %) in einem
einkommensarmen Haushalt.
Quelle