Immer wieder höre ich vom Amt die Drohung der ARGE Mitarbeiter gegenüber ihren Kunden, bei Nichterfüllung irgendwelcher Vorschriften 10 bis 30 Prozent des H4 Satzes zu sanktionieren. Ich kann jedem H4 Empfänger jedoch versichern, das ist eine leere Drohung.
Bereits seit einem Urteil vom Bundesverfassungsgericht vom 09.02.2010 sind sämtliche Sanktionen Verfassungswidrig.
1. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.
2. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu. Zur Ermittlung des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen.
3. Der Gesetzgeber kann den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums durch einen monatlichen Festbetrag decken, muss aber für einen darüber hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einen zusätzlichen Leistungsanspruch einräumen.
Also nochmal kurz zusammengefasst: H4 ist eine Grundsicherung die mindestens zum Leben notwendig ist. Diese Grundsicherung kann nicht gekürzt werden, da die Höhe der Zuwendung sonst nicht mehr zum Leben reicht. Jedwede Sanktion ist damit hinfällig.
Jeder der also seinen H4-Satz gekürzt bekommt und nicht beim Sozialgericht Klage dagegen erhebt, schenkt dem Staat Geld.
Da die Ämter jedoch Geld sparen wollen und H4 Empfänger gern mittels unsinniger Maßnahmen aus der Statistik entfernen möchten, gibt es trotz diesem Urteil immer wieder Sanktionen, obwohl das Amt weiß, das diese vom Sozialgericht wieder gekippt werden. Leider wehren sich 90 % der H4 Empfänger immer noch nicht gegen solche Schikanen und Sanktionen. Für mich völlig unverständlich.
Ganz wichtig für eine Klage vor dem Sozialgericht
Eine Eingliederungsvereinbarung NICHT unterschreiben!
Unterschreibt ihr diesen Vertrag unterwerft ihr euch den Regeln der ARGE und das Gericht hat keinen Handlungsspielraum. Das Amt wird euch sagen das Sie die Vereinbarung dann eben per Verwaltungsakt erlassen, und das dies keinen Unterschied macht, doch das ist gelogen. Genau DAS ist der Unterschied, zwischen einer gewonnenen und einer verlorenen Klage vor dem Sozialgericht.
Also ganz wichtig. Eingliederungsvereinbarung NICHT unterschreiben.
PS: Ihr braucht keinen Anwalt und keinerlei Geld.
Für eine Klage vor dem Sozialgericht reicht ein vernünftig artikulierter Brief an das entsprechende Sozialgericht.
Quelle
Dazu passend:
Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts ► Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger sind verfassungswidrig
Sozialgericht Aachen ► Neue Regelsätze verfassungskonform
Ziviler ungehorsam mit Ralph Boes ►
Sie auch ► Grundrechte Brandbrief
Zitat:
Forum für Sozialfragen ► Hartz
Zitat:
4. In das Grundrecht darf nicht
eingegriffen werden. Das [...] Grundrecht aus Art.1 (1) GG i.V. mit
Art.20 (3) GG ist » unverfügbar «. Unverfügbar bedeutet, daß weder der
Einzelne dieses Recht weggeben, noch der Staat es nehmen kann. Das
menschenwürdige Existenzminimum ist unantastbar. Jedwede Kürzung des
aufgrund dieses Grundrechts bestimmten Leistungsanspruchs - gleich ob
durch Gesetz, Verwaltungsakt oder Realakt - ist verfassungswidrig. [...]
Die in der Literatur aufgeworfene Frage, inwieweit es » verhältnismäßig
« ist, ob aufgrund mangelnder Mitwirkung das Existenzminimum
(teilweise) versagt werden darf, stellt sich daher gar nicht (mehr).
Siehe auch » Leitsätze zum Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010 «
Zitat:
133
1. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 40, 121 <133>; 45, 187 <228>; 82, 60 <85>; 113, 88 <108 f.>; Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. -, juris, Rn. 259). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch. Das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG wiederum erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern, wobei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum bei den unausweichlichen Wertungen zukommt, die mit der Bestimmung der Höhe des Existenzminimums verbunden sind (vgl. BVerfGE 35, 202 <236>; 45, 376 <387>; 100, 271 <284>). Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu.
a) Art. 1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar und verpflichtet alle staatliche Gewalt, sie zu achten und zu schützen (vgl. BVerfGE 1, 97 <104>; 115, 118 <152>). Als Grundrecht ist die Norm nicht nur Abwehrrecht gegen Eingriffe des Staates. Der Staat muss die Menschenwürde auch positiv schützen (vgl. BVerfGE 107, 275 <284>; 109, 279 <310>). Wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür dem Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein Leistungsanspruch des Grundrechtsträgers, da das Grundrecht die Würde jedes individuellen Menschen schützt (vgl. BVerfGE 87, 209 <228>) und sie in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann.
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vielen herzlichen dank für diese anschauliche und gut verständliche und vor allem praxistaugliche darstellung +++
ReplyDeleteVielen Dank für den netten Kommentar.
DeleteIch hoffe, daß es ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden Bürger Deutschlands geben wird. Dadurch fallen alle Existenzängste und Schikanen komplett weg. In der Schweiz gibt es ab dem 21.04.12 eine Volksinitiative über das BGE. Wir dürfen sehr gespannt sein, wie das Volk am Ende darüber entscheiden wird.
Ne Cov, ich glaub du vertust dich da, guck:
ReplyDeleteDas Urteil der Bundesverfassungsgericht sagt zwar aus, dass das Existenzminimum grundsätzlich "nicht gekürzbar ist und steht gewährleistet werden muss", aber es sagt ausdrücklich NICHT aus, wie hoch das Existenzminimum sein muss.
Daraus kann man ja folgendes schliessen: Das selbst wenn von dem Regelsatz in Höhe von 374 Euro eine Sanktion von etwa 10 Prozent abgezogen würde, zum Schluss die 336,60 Euro immernoch ein Existensminimum für eine Person darstellen kann. Es steht ja nicht im Urteil, wie hoch das Existensminimum sein muss. Also kann ja die Sanktion nicht verfassungswidrig gewesen sein, weil ja demnach auch nichts an dem Existensminimum gekürzt wurde und dieses nach wie vor auch weiterhin stehts gewährleistet wird.
Hi, Du kleiner Abmahner Du!
ReplyDeleteDas BvG hat das Existenzminimum nicht definiert, der §27a des SGB XII zumindest vage:
"(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.
(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt, die bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede und bei erwachsenen Personen deren Anzahl im Haushalt sowie die Führung eines Haushalts berücksichtigen.
(3) Zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, sind monatliche Regelsätze zu gewähren. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen."
Quelle = http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/__27a.html
Zitat: "Aus Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip folgt, dass in Deutschland der Sozialhilfesatz das Minimum an Versorgung für jeden Bürger darstellt. Der Mindestbedarf wird vom Gesetzgeber festgelegt und an die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst. Auf diese Weise werden die Sätze für das Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung im Alter und die Hilfe zum Lebensunterhalt ermittelt."
Ich sehe es so, daß im Zweifel die Sozialgerichte darüber entscheiden müssen, ob Sanktionen mit den Gesetzen vereinbar sind. Erfahrungsgemäß gewinnen die Kläger nahezu regelmäßig, wenn sie einige Punkte im Verfahren (s.o.) berücksichtigen.