Thursday, 15 September 2011

Wie der Staat gehorsame Bürger produziert






 

Warum ist die staatliche Schulpflicht unnötig?

Schule ist in Deutschland eine Sache des Staates. Wer eine private Schule aufmachen will, muss mit großen Schwierigkeiten rechnen. Wer seine Kinder gar selbst unterrichtet oder zu einem Hauslehrer schickt, bekommt es mit der Polizei zu tun. Denn er begeht eine Ordnungswidrigkeit. In Deutschland gilt absolute und strafbewehrte Schulpflicht. Das klingt für die meisten Menschen selbstverständlich. Und ist es doch nicht, weder historisch noch im europäischen oder gar internationalen Vergleich. Der deutsche Schulzwang ist, sieht man von einigen Diktaturen ab, die Ausnahme und nicht die Regel. In den meisten anderen Ländern gibt es stattdessen eine vom Staat überwachte Bildungspflicht. Ob die Kinder zur Schule gehen oder die von der Gesellschaft geforderten Standards anderswo erwerben, ist ihnen und ihren Eltern bzw Erziehern freigestellt.



Bildungspflicht statt Schulzwang

Warum werden in keinem freien Land der Welt Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen möchten, vergleichbar stark kriminalisiert wie hierzulande? Nach den Verbrechen des Nationalsozialismus sei es zu einem stillen Einvernehmen zwischen Eltern und Staat gekommen, dass Erziehung zur Demokratiefähigkeit für ein gelingendes Gemeinwesen unabdingbar sei und dass diese Erziehung nur durch den Staat organisiert werden könne, vermutet der Bonner Pädagoge Volker Ladenthin. Deutsche Eltern haben ein größeres Vertrauen in den Erzieher Staat als die Nachbarn in anderen Ländern. Das ist ihr gutes Recht. Aber warum wird Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen wollen, dieser Wunsch streitig gemacht? Wäre nicht eine gesetzliche Bildungspflicht dem staatlichen Schulzwang überlegen? Schon der deutsche Bildungsreformer Wilhelm von Humboldt (1767 bis 1835) hatte gegenüber dem Staat als Erzieher große Bedenken. „Soll die Erziehung nur, ohne Rücksicht auf bestimmte, den Menschen zu erteilende bürgerliche Formen, Menschen bilden, so bedarf es des Staates nicht.“ Öffentlicher Schulzwang führt nach Humboldts Auffassung dazu, dass die Eltern die Verantwortung für die Aufzucht der Kinder an den Staat delegieren und dafür einen hohen Preis zahlen müssen: Statt zu freien und gebildeten Menschen werden die Schüler von früh an zu Staatsbürgern gemacht, zu Untertanen also.


Monopol nicht gut begründet

Tatsächlich ist das staatliche Bildungsmonopol - wie die meisten Monopole - nicht gut begründet. Bildungsökonomisch ließe sich für die Schulen allenfalls ins Feld führen, dass es effizienter ist, Kinder in Klassen zusammen zu unterrichten, anstatt den Familien die Suche nach Hauslehrer und Gouvernante zuzumuten oder aber die Eltern von der Berufsausübung abzuhalten. Staatliche Lehrerbildung bürgt zudem für eine gewisse Professionalität bei der Erstellung des „Produkts“ Bildung.

Doch gegen die Qualität der staatsschulischen Leistung sprechen nicht nur die wiederholten Pisa-Befunde, sondern auch die zunehmende Abwanderung der Schüler in Privatschulen. Gäbe es die Möglichkeit, die Kinder zu Hause zu unterrichten, würden Eltern gewiss davon Gebrauch machen. Spätestens beim staatlich für alle vorgeschriebenen Bildungstest käme heraus, wo es die bessere Bildung gibt. In allen Ländern, welche die Ausbildung pluralisieren und dezentralisieren, stößt diese Freiheit auf Zustimmung, wenngleich der Anteil der häuslichen „Beschulung“ kaum über drei bis vier Prozent der Bevölkerung hinausgeht - freilich mit stark zunehmender Tendenz. Selbst in Österreich ist „Homeschooling“ neuerdings erlaubt. In Kanada erhalten Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten, sogar bis zu 1000 Dollar monatlich vom Staat. Das soll für Chancengleichheit mit der staatlichen Schule sorgen.


Was sollte Regel sein, was Ausnahme?

Ursprünglich war der Schulzwang nicht die Regel, sondern die Ausnahme. „Die Schulpflicht wurde eingeführt, weil die bildungsfernen Schichten ihre Kinder zu Hause behielten und zum Kartoffelausbuddeln und Getreideernten gebrauchten“, sagt der Pädagoge Ladenthin. Dadurch schädigten Eltern ihre Kinder. Das Gebot der Subsidiarität, das in Deutschland in Festreden immer hochgehalten wird, besagt: Der Staat braucht nur dann einzuschreiten, wenn die Privaten versagen. Er muss die Schüler vor ihren Eltern also auch nur dann schützen, wenn er befürchtet, ihnen werde Bildung vorenthalten oder aber sie würden auf gefährliche Weise indoktriniert.

Damit ist ein gewichtiger Einwand gegen das Homeschooling vom Tisch. Viele Zeitgenossen befürchten nämlich, radikale oder religiöse Elterngruppen könnten den Hausunterricht dazu missbrauchen, ihre Kinder zu Gegnern der europäischen Werteordnung und aufgeklärten Rechtsstaatlichkeit zu erziehen. Die Angst vor Parallelwelten geht um, sie ist nicht von der Hand zu weisen. Doch abgesehen davon, dass auch die Staatsschule Parallelwelten nicht verhindert (Neukölln), behielte die Obrigkeit immer die Gewalt, im Fall von Missbrauch oder Versagen die Kinder ihren Eltern zu entziehen.

Ohnehin würden wohl eher die gebildeten Eliten und nicht die unteren Schichten von der Möglichkeit des Homeschooling Gebrauch machen. Auch diese Vermutung taugt freilich zum Einwand dagegen. Wachsende Ungleichheit und eine Privilegierung der von Hauslehrern erzogenen Reichenkinder seien die Folge, heißt es. Doch auch hier gilt: Schon heute päppeln die Bildungsbürger ihre Nachkommen mit Cellounterricht, Sprachkursen und privater Nachhilfe. Oder sie schicken sie gleich aufs Internat. Dass in Deutschland Begabungen brach liegen, Geld und Sozialhintergrund den Bildungserfolg bestimmen, ist wahr. Der staatliche Schulzwang kann die Misere nicht verhindern.



Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung  04.11.2007  Nr. 44 / Seite 56



Wenn der Staat Bildung bestraft

Privater Heimunterricht darf nicht länger kriminalisiert werden Bis 1914 durften Eltern, die das wollten, ihre Kinder zu Hause unterrichten. Die flächendeckende Einführung der allgemeinbildenden Schule für alle ist also eine recht junge Erfindung. Das Preußische Landrecht hatte 100 Jahre zuvor in absolutistischer Manier festgelegt, dass die Schule „eine Veranstaltung des Staates“ sei. Hierfür gab es ökonomische und politische Motive: Der Staat brauchte geschulte und gehorsame Untertanen.

Viele Pädagogen hatten diese Verstaatlichung der Bildung skeptisch betrachtet: Zu den bekanntesten gehörte Johann Friedrich Herbart. Zu evident waren die Vorteile der Privaterziehung: Eine Bildung, genau zugeschnitten auf den einzelnen Schüler.

Kleine Gruppen, in denen neben dem Fachwissen auch Umgangsformen erworben wurden. Einzelunterricht. Goethe berichtet davon in „Dichtung und Wahrheit“. Es herrschte ein extrem hohes Lerntempo. Schon Zehnjährige konnten Latein und Französisch sprechen und griechische Klassiker im Original lesen.
 

Ob Kant, Hölderlin oder Fontane: Nahezu all unsere Klassiker haben dieses „homeschooling“ erfahren oder waren als Hauslehrer tätig. Die armen Leute allerdings erreichte diese Bildungskultur nicht. Um auch sie fit zu machen, nahm man – aus ökonomischen Gründen – die bereits damals genau benannten Nachteile kollektiver Bildungsprozesse in Kauf: Standardisierung statt Individualisierung; drakonische Disziplinierung statt Erziehung; keine Berücksichtigung besonderer Interessen und Fähigkeiten; keine Beachtung des individuellen Lerntempos; Massenbetrieb mit Vandalismus, Ausgrenzung von Minderheiten, Anonymisierung.
 

Wir leben heute in einer pluralen Gesellschaft, in der die Bürger selbst über ihr Leben bestimmen können. Auch die Bildungsorganisation muss dieser Selbstbestimmung entsprechen. Der Staat kann ein Angebot machen; aber wer nachweisen kann, dass er es besser macht als der Staat, muss dies auch machen können. Das Grundgesetz erlaubt Privatschulen.
 

Warum verhindert der Staat dann Privatunterricht? Warum kriminalisiert er Eltern, nur weil sie ihre Kinder besser ausbilden wollen, als dies an vielen staatlichen Schulen derzeit möglich ist? Die Schule mag eine Veranstaltung des Staates sein. Die Bildung ist es nicht. Wir alle haben das Recht, uns auch ohne staatlichen Segen zu bilden: Kinder lesen nachmittags Bücher oder schauen abends Filme ohne staatliche Erlaubnis. Warum sollen Kinder nicht auch Englisch, Mathe und Geographie ohne staatliche Organisation lernen? Der Staat kann ja regelmäßig die Qualität prüfen, wenn er Eltern nicht traut. Längst leisten ambitionierte Eltern 50 Prozent der Bildungsarbeit bei der Betreuung von Hausaufgaben. Das ist doch „homeschooling“.
 

Seit Pisa wissen auch Politiker, dass Kinder bessere Lernergebnisse zeigen, wenn sich die Eltern stark um ihre Kinder kümmern. Warum verschließt sich die Bildungsplanung dieser simplen Einsicht? Warum stärkt man bildungsambitionierte Eltern nicht – sondern behindert sie? Weil man die Bildung von Parallelgesellschaften verhindern will? Als ob die Schule die Ausbildung von gemeinschaftsignoranten Partikularinteressen durch die neoliberale Wettbewerbskultur nach Pisa nicht erst in Gang setzen würde! Kinder ohne Schule würden keine sozialen Erfahrungen machen? Nichts wird Homeschool-Eltern davon abhalten, ihre Kinder auch weiterhin in den Fußballverein oder die Diskothek zu schicken. Und ob die sozialen Erfahrungen, die man an Schulen machen kann, immer wertvoll sind, bleibt im Hinblick auf amtliche Gewaltstatistiken, Schulschwänzer und Schulabbrecher fraglich.
 

Es ist wunderbar, dass sich der Staat um die sorgt, die die Bildung ihrer Kinder nicht aus eigener Kraft sichern können. Aber die anderen sollte er nicht zu ihrem Glück zwingen. Vielleicht wäre es einfach möglich, die staatlichen Schulen so gut zu machen, dass niemand nach Alternativen sucht?


Der Autor Volker Ladenthin ist Professor für systematische Pädagogik in Bonn.
Quelle 22.01.2008

 

Schule ist Sklaverei

Der Amerikaner James Bach ist erfolgreicher Softwareentwickler und Autor - ohne Schulabschluss. Er erklärt, warum Schule Kindern schadet und was im Berufsleben wirklich zählt. Er war leitender Manager bei Apple, ist erfolgreicher Softwareentwickler und Autor - ohne Schulabschluss. Er ist überzeugt davon, dass Unschooling für Kinder das Beste ist - und rät jedem, der keine Lust auf Schule hat, sie einfach abzubrechen. In Interview erklärt er, warum Schule schadet und was im Berufsleben wirklich zählt.

James Bach: Ich war ständig wütend, weil ich in diesem Klassenzimmer sitzen und unsinnige Dinge tun musste, die Lehrer von mir verlangten. In der Grundschule war es noch okay, da fand ich es spannend. Aber als es mit Hausaufgaben losging, war Schluss mit lustig. Ich wollte lieber fernsehen oder im Wald spielen und die Welt entdecken.

sueddeutsche.de: Was ist das Wichtigste, was Sie in der Schule gelernt haben?

Bach: Ich habe gelernt, wie man sich als Sklave fühlt. Schule ist moderne Sklaverei. Da stehen Lehrer, die den Kindern sagen: "Du musst machen, was ich dir befehle. Ganz egal, ob du willst oder nicht." Das ist ein destruktives System. Kinder werden ohne Respekt behandelt. Deshalb gibt es so viele aggressive Jugendliche: Sie alle stecken in einem System fest, das sich nicht um sie schert. Ich habe darauf reagiert und die Schule mit 16 Jahren abgebrochen.

sueddeutsche.de: In der Schule kann man nicht immer das machen, wozu man Lust hat. Bereitet das nicht auf das Berufsleben vor?

Bach: Alle sagen, auch als Erwachsener hätte man bestimmte Pflichten und Verantwortung. Das ist Blödsinn. Als Erwachsener hat man völlige Freiheit. Alles was man tut, tut man aus einer eigenen Entscheidung heraus. Alle Pflichten wählt man selbst. Ich tue nur, wozu ich Lust habe - und verdiene gut damit.

sueddeutsche.de: Sie ermuntern Jugendliche dazu, die Schule abzubrechen, weil Sie selbst damit Erfolg hatten. Sind Sie nicht die große Ausnahme?

Bach: Nein, ich bin ein Mensch mit Schwächen, wie alle anderen auch. Beispielsweise habe ich keine Disziplin im Lernen und Arbeiten. Manchmal kann ich berufliche Termine nicht einhalten, weil ich während der Arbeitszeit ein interessantes Buch entdecke, das mich fesselt. Dann muss ich den Termin verschieben. Das mache ich nicht gerne, aber so ist es einfach. Mit 15 dachte ich, ich hätte keine besonderen Talente. Ich wurde beinahe depressiv deswegen. Aber jeder findet irgendwann seine ureigenen Fähigkeiten, wenn er es zulässt und sich nicht durch irgendwelche Bildungsinstitutionen quält.

sueddeutsche.de: Ihr Sohn hat sich mit 14 Jahren dazu entschlossen, ebenfalls die Schule abzubrechen. Hat das Ihre Sicht auf die Dinge verändert?

Bach: Als Vater spüre ich natürlich Angst. Ich möchte, dass mein Sohn gut in Mathematik ist, dass er Geschichte lernt oder Latein. Aber er tut es nicht. Er lernt eigentlich gar nichts - außer er steht vor einem konkreten Problem. Dann lernt er, was er braucht, um dieses Problem zu lösen. Aber selbst wenn ich ihn unter Druck setzen würde: Er würde es machen, wie Schulkinder in der ganzen Welt. Sie tun so, als ob sie etwas lernen, aber sofort nach der Prüfung vergessen sie es wieder.

sueddeutsche.de: Wenn nicht in der Schule - wie lernen Kinder am besten?

Bach: Ich glaube, bis sie 30 Jahre alt sind, sind sie sowieso ziellos und verwirrt, erst danach werden sie anfangen, wirklich das zu lernen, was ihnen wichtig ist und was sie weiter bringt. Ich zum Beispiel bin inzwischen ein sehr intellektueller Mensch, ich lese Mathematikbücher, weil ich sie spannend finde, ich interessiere mich für Philosophie, ich liebe Geschichte. Und das macht mich geduldig. Ich weiß, dass auch mein Sohn irgendwann anfängt sich selbst zu bilden.

sueddeutsche.de: Glauben Sie, jeder Mensch entwickelt irgendwann einen solchen Lernwillen wie Sie?

Bach: Wahrscheinlich nicht. Aber jeder von uns hat besondere Talente. Und ich bin davon überzeugt, dass jeder früher oder später diese Talente nutzt, um sich weiterzuentwickeln. So funktioniert Ehrgeiz. Dafür braucht man keinen Master und kein Diplom.

sueddeutsche.de: Trotzdem sind Schul- und Studienabschlüsse oft die Voraussetzung für einen Job. Wie können sich Schulabbrecher auf dem Arbeitsmarkt behaupten?

Bach: Ich rate ihnen: Findet etwas, worin Ihr gut seid. Baut Eure Fähigkeiten in diesem Gebiet aus. Arbeitet - auch wenn Ihr kein Geld dafür bekommt. Macht auf Euch aufmerksam. Dann bekommt Ihr auch einen Job, weil die Leute irgendwann erkennen, dass Ihr in dem, was Ihr tut, gut seid.

sueddeutsche.de: Sie haben sehr früh Karriere bei Apple gemacht, sind heute erfolgreicher Software-Tester. Wie konnten Sie ohne Schulabschluss so erfolgreich werden?

Bach: Indem ich nicht die Ideen anderer Leute kopiert habe, die mir irgendjemand vorgesetzt hat. Stattdessen bin ich selbst aktiv geworden und habe etwas Neues entwickelt. Und ich habe den Leuten meine Entwicklungen gezeigt - so lange bis sie auf mich zugekommen sind.

sueddeutsche.de: In Deutschland herrscht Schulpflicht, selbst wenn Kinder und Eltern es wollten: Sie können nicht einfach die Schule abbrechen.

Bach: Das finde ich kurios. Deutschland glaubt, Kinder müssten offizielle Schulen besuchen, um gute Bürger zu werden. Das ist ein Widerspruch. Wie kann ich die Meinung von Bürgern, die zwangserzogen wurden, als freie Meinung ansehen? Die deutschen Bürger sind das Produkt von Sklaverei. Deutsche Politiker sagen, die Schulpflicht ist richtig. Das tun sie nur, weil ihnen diese Idee eingetrichtert wurde, während sie selbst jahrelang gezwungen waren, in Klassenzimmern zu sitzen. Ich glaube, dass nur eine freie Erziehung auch eine freie Meinungsbildung möglich macht.

sueddeutsche.de: Was würde passieren, wenn sich plötzlich alle Kinder dazu entschieden, die Schule zu schmeißen?

Bach: Was soll schon passieren? Lehrer würden protestieren, weil sie ihren Job verlieren, aber die Erde würde sich weiterdrehen. Vielleicht würde die Welt sogar besser werden, denn Kinder, die gezwungen wurden, zu lernen, werden irgenwann zu gefährlichen Erwachsenen, die ebenfalls wieder Leute zwingen zu lernen.

sueddeutsche.de: Wie sollte Schule sein, damit sie funktioniert?

Bach: Ich finde das Prinzip der Montessori-Schulen gut. Jedes Kind sucht sich dort aus, was es gerade lernen möchte. Und selbst wenn es in der Schule nichts lernen möchte: Man lernt sein ganzes Leben, Bildung hat nichts mit Schule zu tun.



Quelle 17.02.10




Home-school Germans flee to UK
Charlie Francis-Pape and Allan Hall in Berlin

A 1938 law designed to ensure state control of all children has provoked a family exodus to Britain
Families are fleeing to the UK from Germany to escape a law introduced by Hitler that could lead to their children being taken into care if educated at home. One father, who arrived in Britain with his wife and five children last month, has told The Observer that his family had no choice after being warned that their children would be taken into foster care unless they enrolled them at local schools. Another, who fled in October, said he believed the 70-year-old law was creating hundreds of refugees and forcing families into hiding to protect their children.

Home-schooling has been illegal in Germany since it was outlawed in 1938. Hitler wanted the Nazi state to have complete control of young minds. Today there are rare exemptions, such as for children suffering serious illnesses or psychological problems. Legal attempts through the courts - including the European Court of Human Rights - have so far failed to overturn the ban.

Klaus Landahl, 41, who moved in January from the Black Forest in Germany to the Isle of Wight with his wife, Kathrin, 39, said they had no option but to leave their home, friends and belongings in order to educate their five children, aged between three and 12, legally and without fear. 'It feels like persecution,' he said. 'We had to get to safety to protect our family. We can never go back. If we do, our children will be removed, as the German government says they are the property of the state now.'

The family now live in Shanklin, surviving off savings while Landahl seeks work to support them. His wife said they chose home-schooling to spare their children from bullying and to allow them to focus on their individual interests. 'In school in Germany they expect you to be like everybody else; you cannot be different,' she said. 'If you don't have the correct clothes, like Nike and Adidas, or if you wear the wrong colour, other children will not accept you.'

Jonathan Skeet, who is British-born, said that he, his wife and five children, aged between two and 11, were driven from Lüdenscheid after the authorities froze their bank account, removed money from it and confiscated their car. The former aid worker fled in October and chose the Isle of Wight because of its large home-education network. In Germany, he said, the family were blackmailed and threatened with the loss of their children in an attempt to force them back into mainstream school education.

'It was crippling,' he said. 'When we lived in Germany we wanted to live a very inconspicuous and quiet life. But instead we ended up in direct confrontation with a very powerful state.'

The 43-year-old nursing home worker said they wanted to home-school because they were worried about the state of the German education system. 'We were concerned that the atmosphere in schools in Germany had become very rough and ready. We thought our children were too young to deal with that. '
About 800 families are believed to educate their children at home illegally. Stephanie Edel, who runs the Schulbildung in Familieninitiative, a German organisation that aims to support those who educate at home, said that last year some 78 home-schooled children fled Germany with their parents. 'It is very dangerous to home-educate here,' she said. 'Home-educators have to learn to expect anything and have to be ready to leave overnight.'

In 2006 the UN sent a special rapporteur to assess Germany's education system. He reported that necessary measures should be adopted to uphold parents' rights to educate children at home where necessary and appropriate.

Last year, in an extreme example, 15-year-old Melissa Busekros was removed from her family. Her mother, Gudrun, said more than 15 policemen took her to a psychiatric unit for psychological tests. After refusing to be tested, Melissa was placed in a foster home. She escaped on her 16th birthday and has since been left alone by the authorities.

Her mother said: 'All of the supposed independent experts are paid by the government, so they say what the social workers tell them to say in court.'
Both domestic and EU courts have ruled in the German state's favour on numerous occasions in recent years.



Source 24.02.2008 
PDF



Petition

Am 20.04.2010 hat Herr Matthias Wolf die folgende Petition eingereicht:

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, das häusliche Lernen bzw. den Hausunterricht zu erlauben und straffrei zu stellen. 

Hier ist der Link zu den Foren-Beiträge zu dieser Petition.

Am 02.12.2011 wurde sie mit folgender Begründung abgelehnt:

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 23.11.11 abschließend beraten und beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Mit der öffentlichen Petition wird gefordert, das häusliche Lernen bzw. den Hausunterricht zu erlauben und straffrei zu stellen.

Hausunterricht oder Homeschooling werde in allen Ländern der Europäischen Union und englischsprachigen Ländern bereits schon länger mit großem Erfolg praktiziert und erweise sich immer mehr als der Bildungsweg der Zukunft. In Deutschland sei es eine noch weitgehend unbekannte und mit zahlreichen Vorurteilen behaftete Form des Lernens.

Die unzureichende Vermittlung von ethischen und moralischen Grundwerten an öffentlichen Schulen, Gewalt und Mobbing, negative Sozialisation der Kinder, fehlende Lernfreude, sinkendes Bildungsniveau, die Unfähigkeit vieler Schulen, Kinder individuell zu fördern und ihrem persönlichen Begabungsprofil zu bilden, hätten dazu geführt, dass immer mehr Eltern sich Alternativen im bestehenden Bildungssystem wünschen.

Bis dato existiere die Schulpflicht in Deutschland statt einer sinnvolleren Lernpflicht. Schule werde somit in Deutschland direktiv verordnet. Eltern, die ihre Kinder selbst unterrichten wollen, müssten mit staatlichen Strafmaßnahmen wie Bußgeldern rechnen und würden somit unnötig kriminalisiert. Es sollte mündigen Bürgern frei gestellt sein, wo sie ihren Kindern Bildung zukommen lassen wollen. Alle staatlichen Sanktionsmaßnahmen gegen Eltern, die ihre Kinder selbst unterrichten, sollten aufgehoben werden.

Zu diesem Anliegen haben den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages weitere Eingaben gleichen Inhalts erreicht, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.

Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die innerhalb der sechswöchigen Mitzeichnungsfrist von 5.474 Unterstützern mitgezeichnet wurde und die zu 774 Diskussionsbeiträgen geführt hat. Die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer hatte sich im Forum auf den Internetseiten des Deutschen Bundestages für die Unterzeichnung der Petition ausgesprochen.

Es wurde vorgetragen, dass es jeder Familie erlaubt sein solle, zu entscheiden, welches Schulsystem diese für ihre Kinder wähle. Es müsse nur sichergestellt werden, dass gewisse Standards eingehalten werden. Die halbjährlichen Prüfungen würden dann zeigen, ob die Eltern ihrem Bildungsauftrag gerecht werden. Der Hausunterricht würde den Kindern, laut den Befürwortern, ein stressfreies und
effektives Lernen ermöglichen, das in einer Schulklasse mit 30 Schülern nicht zu schaffen sei.

Nach den Gegnern dieser Petition würde in der Schule die Sozialkompetenz vermittelt, die im Hausunterricht oft nicht erlernt werden könnte. Es komme im Schulalltag zwar mitunter zu vielen Konflikten mit den Mitschülern, mit den Problemen müssten die Kinder aber selbst lernen umzugehen. Nur so könnten sie auf das spätere Arbeitsleben vorbereitet werden.

Weiter begründen sie, dass es nur durch Schulunterricht möglich wäre, gleiche Bildungschancen für alle zu schaffen. Der Hausunterricht würde, nach den Gegnern, vor allem durch religiöse Fanatiker
genutzt, die religiöse Werte als überdurchschnittlich erachteten und andere Ansichten nicht lernen wollten. Auf diese Weise würden ihre Kinder andere Meinungen nicht kennenlernen und sie dann entsprechend nicht akzeptieren. Dies führe zu einer noch größeren Spaltung der Gesellschafft.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung des Anliegens der Petenten lässt sich unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wie folgt zusammenfassen:

Das Grundgesetz stellt mit Artikel 7 Abs. 1 das gesamte Schulwesen unter die Aufsicht des Staates. Hieraus wird ein umfassender staatlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag abgeleitet, der durch die allgemeine Schulpflicht konkretisiert wird.

Daraus folgend und nach föderaler Kompetenzzuordnung ist die allgemeine Schulpflicht in allen Bundesländern gesetzlich festgelegt, in den meisten sogar in der Landesverfassung. Ausnahmen von der Schulpflicht sind in seltenen Einzelfällen möglich, die landesrechtlich abschließend geregelt sind.
Wenn Eltern ihre Kinder allein aufgrund schulkritischer oder anderer weltanschaulicher Erwägungen zu Hause unterrichten, ohne dass ein solcher Ausnahmetatbestand erfüllt wäre, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit, in einigen Bundesländern machen sie sich unter bestimmten Bedingungen auch strafbar.

Der gesetzlichen Schulbesuchspflicht liegen die Überlegungen zugrunde, dass das gemeinsame Lernen in der Schule der Vermittlung sozialer Kompetenzen dient, und der Umgang mit Andersdenkenden als Grundlage einer demokratischen Gesellschaft dort besonders gut eingeübt werden kann. Die Gerichte auf nationaler wie auf europäischer Ebene haben die in Deutschland
geltenden Bestimmungen über die allgemeine Schulpflicht und die Gründe hierfür bestätigt.

Das Bundesverfassungsgericht vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die allgemeine Schulpflicht und die sich daraus ergebenden weiteren Pflichten in zulässiger Weise das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz gewährleistete Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung des Kindes zu bestimmen, und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Schülers beschränken.

Der staatliche Erziehungsauftrag diene nicht nur dazu, Wissen zu vermitteln. Kinder sollten sich auch zu verantwortlichen Staatsbürgern entwickeln, die an den demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilhaben können. Soziale Kompetenz, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung könnten besonders gut eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft und Andersdenkenden nicht nur gelegentlich stattfinden, sondern eine schulische Alltagserfahrung sind.

In einem Nichtannahmebeschluss vom 21. Juli 2009 (1 BvR 1358/09) hat des Bundesverfassungsgericht unlängst wieder die Beschränkung des elterlichen Erziehungsrechts durch die allgemeine Schulpflicht bestätigt und ausgeführt, dass Konflikte zwischen dem Erziehungsrecht der Eltern und dem Erziehungsauftrag des Staates im Wege einer Abwägung nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zu lösen sind.

Danach müssen beide verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter in der Problemlösung einander so zueinander in Beziehung gesetzt und begrenzt werden, dass sie zu optimaler Wirksamkeit gelangen können. Dies ist nach Auffassung des Petitionsausschusses hinlänglich der Fall. Mit der in Deutschland bestehenden Schulpflicht wird dem Erziehungsauftrag des Staates nachgekommen,
ohne das Erziehungsrecht der Eltern zu stark einzugrenzen. Dem entsprechend lehnen Verwaltungsgerichte Anträge von Eltern auf Befreiung von der Schulpflicht aus religiösen Gründen ab und erklären Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Schulpflicht für zulässig.

Auch der Bundesgerichtshof hat Maßnahmen des Familiengerichts zur Durchsetzung der Schulpflicht für rechtmäßig befunden. Die allgemeine Schulpflicht nach deutschem Recht hat auch einer Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standgehalten. In seiner
Entscheidung vom 11. September 2006 im Individualbeschwerdeverfahren Nr. 3550403 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärt, dass die im Schulgesetz Baden-Württemberg geregelte allgemeine Schulpflicht nicht gegen das Recht auf Bildung gemäß Art. 2 des Protokolls Nr. 1 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt und auch nicht gegen andere
Bestimmungen der EMRK. Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass Art. 2 des Protokolls Nr. 1 zur EMRK die Möglichkeit beinhaltet, dass der Staat eine Schulpflicht festlegt, sei es in staatlichen Schulen oder durch angemessenen Privatunterricht.

In Bezug auf die Gestattung von Heimunterricht gäbe es keinen Konsens unter den Vertragsstaaten. Die deutschen Behörden und Gerichte hätten ihre Entscheidungen sorgfältig begründet und ihren
Ermessensspielraum, den sie bei der Festlegung und Auslegung von Regelungen ihrer Bildungssysteme haben, fehlerfrei ausgeübt.

In einer im Jahre 2009 erstellten Studie, die sich im Einzelnen mit den Grundlagen, der Verbreitung, der Leistungsfähigkeit des Heimunterrichts und den Motiven der Eltern befasst hat, stellt der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages fest, dass die von wissenschaftlicher, behördlicher und juristischer Seite geäußerten Bedenken gegenüber einer grundsätzlichen Freigabe häuslicher Unterrichtung in Deutschland als durchaus berechtigt angesehen würden.

Auch wenn neben Deutschland in der Europäischen Union nur noch Malta und Bulgarien ein striktes Verbot vorsehen, würden in vielen Ländern nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen Ausnahmen von der im Allgemeinen üblichen Schulpflicht bestehen und im Wesentlichen nur kranke Kinder oder Kinder von reisenden Eltern betreffen.

Die Abschaffung der allgemeinen Schulpflicht in Deutschland würde wegen der Verankerung im Grundgesetz eine Änderung desselben erforderlich machen. Es zeichnet sich jedoch weder auf der Bundes- oder Landesebene noch in der Kultusministerkonferenz oder in einzelnen Ländern eine Tendenz zu einer Änderung der bisherigen Position ab, so dass für eine Verfassungsänderung keine politische Mehrheit bestehen dürfte.

Nach den vorangegangenen Ausführungen sieht der Petitionsausschuss keine
Möglichkeit, das Anliegen der Petenten zu unterstützen. Er empfiehlt deshalb, das
Petitionsverfahren abzuschließen.


Dazu passend:



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