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Deutschland steht auf der weltweiten ROG-Rangliste der Pressefreiheit
auf Platz 17 von 179, also innerhalb Europas etwa im Mittelfeld. Ins
Auge sticht vor allem die abnehmende Vielfalt der Presse: Aus Geldmangel
arbeiten immer weniger Zeitungen mit eigener Vollredaktion, mehrere
Redaktionen wurden 2012 komplett geschlossen. In vielen Regionen gibt es
keine konkurrierenden Printmedien mehr. Gleichzeitig steigt die Zahl
der von Unternehmen bezahlten Beiträge, die sich immer stärker – und für
den Leser kaum erkennbar – mit journalistischen Inhalten mischen. Zudem
gelangen Journalisten oft nur schwer an Informationen von Behörden.
Anfragen werden häufig nur langsam und gegen hohe Gebühren beantwortet,
fünf Bundesländer haben nach wie vor keine eigenen
Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet. Hinzu kommen Diskussionen um
ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf Bundesebene, das
den Schutz journalistischer Quellen bedroht und potenzielle Informanten
abschreckt. Positiv hervorzuheben ist ein Bundesgesetz vom August 2012,
das Journalisten bei investigativen Recherchen stärker vor
Durchsuchungen schützt. Mit Sorge beobachtete Reporter ohne Grenzen
hingegen, dass Neonazis oder islamistische Gruppen mehrfach kritische
Berichterstatter bedrohten.
1 - Zeitungen in der Krise: Weniger Vielfalt, mehr versteckte Werbung
2 - Der schwere Weg zur Transparenz: Zugang zu Behördeninformationen
3 - Informantenschutz und Vorratsdatenspeicherung
4 - Sachsensumpf: Prozess gegen investigative Reporter
5 - Neonazis und Islamisten drohen Reportern
1 - Zeitungen in der Krise: Weniger Vielfalt, mehr versteckte Werbung
Der Trend zeichnet sich seit Jahren ab: Immer weniger Zeitungen arbeiten mit eigener Vollredaktion, stattdessen liefern Reporterpools und zentrale Newsdesks gleiche Inhalte an verschiedene Zeitungen. Konkurrierende Printmedien sind in den meisten Regionen inzwischen rar, während die Menge der von Unternehmen bezahlten Beiträge und Veröffentlichungen steigt. Neu war 2012 jedoch, dass mehrere Zeitungstitel komplett eingestellt wurden. Die Financial Times Deutschland, die am 7. Dezember nach zwölf Jahren zum letzten Mal erschien, war die prominenteste unter ihnen. Bereits Ende Februar wurde die kleine, aber traditionsreiche Deister-Leine-Zeitung im niedersächsischen Barsinghausen nach mehr als 125 Jahren geschlossen. Am 29. September erschien in Nürnberg die letzte Ausgabe der Abendzeitung, einer der ältesten Boulevardzeitungen Deutschlands. Im Oktober meldete die Nachrichtenagentur dapd Insolvenz an, im November der Verlag der Frankfurter Rundschau. Ob und wie beide Redaktionen dauerhaft weiterarbeiten, ist noch weitgehend unklar. Andere Verlage schlossen wegen sinkender Anzeigenerlöse und Verkaufszahlen Lokalredaktionen (Münstersche Zeitung) oder lagerten sie in tariflose Tochterfirmen aus (Nordwest-Zeitung, Darmstädter Echo). Die WAZ Mediengruppe kündigte im Januar 2013 an, die Redaktionen der Westfälischen Rundschau zu schließen. Außerdem wird die Berichterstattung im Überregionalen immer stärker gebündelt.
Die WAZ-Mediengruppe und die Mediengruppe Dumont Schauberg machen dies seit 2009/2010 mit Redaktionsgemeinschaften vor, die bis zu fünf eigenständige Zeitungen mit nahezu identischem Mantelteil beliefern. Im Oktober 2012 kündigte der Axel-Springer-Verlag an, die gemeinsame Redaktion von Welt-Gruppe und Berliner Morgenpost mit der des Hamburger Abendblatts zusammenzulegen. Das Gleiche ist ab Mitte 2013 für die Mantelredaktionen von Wiesbadener Tagblatt, Wiesbadener Kurier und Allgemeiner Zeitung (Mainz) geplant. Gleichzeitig investieren Unternehmen und PR-Agenturen steigende Summen, um ihre Inhalte in den Medien unterzubringen. Oft werden kommerzielle Inhalte dabei bewusst nicht als Werbung gekennzeichnet, sondern als journalistische Beiträge get arnt oder mit diesen vermischt, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. In Anbetracht der oben skizzierten Situation ist diese Strategie ausgesprochen erfolgreich, denn Redakteure haben immer weniger Zeit, zu recherchieren und Informationen zu prüfen. Sie sind auf vorproduzierte Inhalte angewiesen, die möglichst wenig kosten. PR-Material und versteckte Werbebotschaften kommen als angebliche Tests oder Lieblingsprodukte der Redaktion daher, in Form bezahlter Artikel oder gar ganzer Magazine, die Unternehmen herausgeben, die der Leser aber für journalistische Produkte hält.
2 - Der schwere Weg zur Transparenz: Zugang zu Behördeninformationen
Während das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Bürgern auf Bundesebene seit 2006 das Recht auf Zugang zu Behördeninformationen zuspricht, haben fünf Bundesländer nach wie vor kein eigenes IFG verabschiedet (Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern, wo aber in rund 50 Kommunen zumindest eigene Informationsfreiheitssatzungen existieren). In Baden-Württemberg versprach die grün-rote Landesregierung bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom April 2011, zügig ein IFG zu verabschieden – bis heute liegt jedoch nicht einmal ein Gesetzentwurf vor. In Thüringen einigten sich SPD und CDU Ende 2012 auf ein neues IFG, nachdem das alte ausgelaufen war. Dem gingen heftige Debatten voraus, denn ein erster Entwurf hatte vorgesehen, die kommerzielle Nutzung von Behördeninformationen zu verbieten, was das Gesetz für Journalisten ad absurdum geführt hätte. Während diese Passage in der Neufassung gestrichen ist, enthält das Gesetz immer noch zahlreiche Ausnahmen, die die Veröffentlichung amtlicher Informationen verhindern. Gute Nachrichten kamen aus Hamburg, wo im Oktober 2012 ein ausgesprochen fortschrittlich es Transparenzgesetz in Kraft trat. Die Hamburger Verwaltung muss demnach von sich aus Gutachten, Verträge und Senatsbeschlüsse online veröffentlichen, nicht erst auf Anfrage. Innerhalb von zwei Jahren soll zudem ein Informationsregister im Internet entstehen, in dem die Gehälter leitender Beamter oder die Daten von Unternehmen mit städtischer Beteiligung veröffentlicht werden.
In der Praxis werden die Informationsfreiheitsgesetze von einzelnen Behörden jedoch sehr unterschiedlich umgesetzt. Viele Journalisten klagen darüber, dass ihre Anfragen nur sehr langsam beantwortet werden, was aktuelle Berichterstattung erschwert oder gänzlich verhindert. Dazu kommen zum Teil bewusst hohe Gebühren der Ämter. Exemplarisch dafür steht die Anfrage zweier Journalisten, die das Bundesinnenministerium im Mai 2011 nach den Medaillenvorgaben der Sportverbände für Olympia befragten und dafür inzwischen mehr als 7000 Euro Gebühr bezahlten. Obwohl das IFG eine Bearbeitungsfrist von vier Wochen vorsieht, war der Antrag auch 14 Monate später noch nicht vollständig bearbeitet. Die Journalisten verklagten das Innenministerium deshalb im Juli 2012 vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf die Herausgabe der Medaillenziele – und bekamen Recht (http://bit.ly/MkklYP, http://bit.ly/Qxihjt).
4 - Sachsensumpf: Prozess gegen investigative Reporter
Am 1. August 2012 trat nach anderthalbjährigen Beratungen im Bundestag ein Pressefreiheitsgesetz in Kraft, das Journalisten bei investigativen Recherchen stärker vor staatlichen Übergriffen schützt. Sie können nun nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverratbelangt werden, wenn sie Material von Informanten aus staatlichen Stellen annehmen, auswerten oder veröffentlichen. Zudem dürfen Redaktionen nicht mehr durchsucht und Materialien beschlagnahmt werden – außer bei dringen dem Verdacht auf Beteiligung an einer Straftat. Hintergrund waren die Hausdurchsuchung beim Magazin Cicero 2005 und die Klage gegen einen freien Journalisten, der aus vertraulichen Akten des Bundeskriminalamts zitiert hatte. Das neue Pressefreiheitsgesetz schützt jedoch nur Redaktionsräume vor Durchsuchungen, nicht Büros freier Journalisten. Die Anstiftung zum Geheimnisverrat steht weiterhin unter Strafe, was Journalisten vor Probleme stellen kann, die aufgrund vager Hinweise recherchieren und Fragen stellen. Gefahr für die Sicherheit journalistischer Quellen geht zudem von der so genannten Vorratsdatenspeicherung aus, also der Archivierung von Verbindungsdaten von Computern und Mobiltelefonen zu Fahndungszwecken. Die pauschale, verdachtsunabhängige Speicherung solcher Daten hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Informanten nicht mehr mit Journalisten in Kontakt treten wollten, da sie Angst hatten enttarnt zu werden. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie von 2006, die Mitgliedsländer zur Speicherung solcher Daten verpflichtet. Daraufhin wurde in Deutschland ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, welches das Bundesverfassungsgericht jedoch 2010 für nichtig erklärte. Im Mai 2012 verklagte die EU-Kommission die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof. In der Debatte um ein neues Gesetz fordert Reporter ohne Grenzen, Verbindungsdaten nicht pauschal zu speichern, sondern erst bei konkretem Tatverdacht.
Der so genannte Sachsensumpf-Prozess gegen die Leipziger Journalisten Thomas Datt und Arndt Ginzel wurde im November 2012 in zweiter Instanz vor de m Dresdener Landgericht verhandelt. Die sächsischen Richter sprachen die beiden Journalisten am 11. Dezember vom Vorwurf der üblen Nachrede frei und setzten damit ein wichtiges Signal, dass das Strafrecht nicht gegen Journalisten eingesetzt werden darf. Sechs Tage später legte die Dresdner Staatsanwaltschaft jedoch Revision gegen das Urteil ein, sodass sich der Prozess nun weiter in die Länge zieht. Datt und Ginzel hatten 2008 über angebliche Kontakte hochrangiger sächsischer Justizbeamter ins Leipziger Rotlichtmilieu berichtet. Der Leipziger Polizeipräsident erstattete daraufhin Anzeige, im August 2010 wurden die beiden Journalisten zu je 2500 Euro Geldstrafe verurteilt. (http://bit.ly/W2ehZP)
5 - Neonazis und Islamisten drohen Reportern
Immer wieder werden Journalisten nach kritischen Berichten von radikalen Gruppen bedroht. In Spremberg wurden Anfang Mai 2012 die Redaktionsräume der Lausitzer Rundschau angegriffen, nachdem diese über ein Treffen von Neonazis berichtet hatte. Unbekannte besprühten die Glasfassade der Redaktion mit der Parole, Lügenpresse halt die Fresse!“ und beklebten sie mit großformatigen Fotos des Treffens, auf denen Vermummte mit Fackeln posieren. In der darauffolgenden Nacht beschmierten sie die Fassade der Zeitung mit Blut und den Innereien eines geschlachteten Tieres. Im Internet kursierten zudem mehrere Drohvideos radikaler Islamisten. Nachdem Fernsehsender im Mai 2012 Demonstranten der rechtsextremben Vereinigung Pro NRW mit Mohammed-Karikaturen gezeigt hatten, forderte ein in Pakistan lebender deutscher Islamist mit Blick auf die Reporter: „Lauert ihnen auf, tötet sie und verpasst i hnen eine Lehre, die sie nie vergessen!“ Gegen einen namentlich genannten Journalisten der Frankfurter Rundschau richtete sich ebenfalls im Mai das Video eines deutsch-tunesischen Salafisten. Er wolle, „auf eine Person aufmerksam machen, die seit langer Zeit gezielt gegen die Muslime und Prediger hetzt“, heißt es darin und weiter: „Wir besitzen eine Menge Daten von Dir. Zum Beispiel wissen wir, wo du wohnst, wir kennen Deinen Verein, wir besitzen deine Mobilfunknummer.“
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1 - Zeitungen in der Krise: Weniger Vielfalt, mehr versteckte Werbung
2 - Der schwere Weg zur Transparenz: Zugang zu Behördeninformationen
3 - Informantenschutz und Vorratsdatenspeicherung
4 - Sachsensumpf: Prozess gegen investigative Reporter
5 - Neonazis und Islamisten drohen Reportern
1 - Zeitungen in der Krise: Weniger Vielfalt, mehr versteckte Werbung
Der Trend zeichnet sich seit Jahren ab: Immer weniger Zeitungen arbeiten mit eigener Vollredaktion, stattdessen liefern Reporterpools und zentrale Newsdesks gleiche Inhalte an verschiedene Zeitungen. Konkurrierende Printmedien sind in den meisten Regionen inzwischen rar, während die Menge der von Unternehmen bezahlten Beiträge und Veröffentlichungen steigt. Neu war 2012 jedoch, dass mehrere Zeitungstitel komplett eingestellt wurden. Die Financial Times Deutschland, die am 7. Dezember nach zwölf Jahren zum letzten Mal erschien, war die prominenteste unter ihnen. Bereits Ende Februar wurde die kleine, aber traditionsreiche Deister-Leine-Zeitung im niedersächsischen Barsinghausen nach mehr als 125 Jahren geschlossen. Am 29. September erschien in Nürnberg die letzte Ausgabe der Abendzeitung, einer der ältesten Boulevardzeitungen Deutschlands. Im Oktober meldete die Nachrichtenagentur dapd Insolvenz an, im November der Verlag der Frankfurter Rundschau. Ob und wie beide Redaktionen dauerhaft weiterarbeiten, ist noch weitgehend unklar. Andere Verlage schlossen wegen sinkender Anzeigenerlöse und Verkaufszahlen Lokalredaktionen (Münstersche Zeitung) oder lagerten sie in tariflose Tochterfirmen aus (Nordwest-Zeitung, Darmstädter Echo). Die WAZ Mediengruppe kündigte im Januar 2013 an, die Redaktionen der Westfälischen Rundschau zu schließen. Außerdem wird die Berichterstattung im Überregionalen immer stärker gebündelt.
Die WAZ-Mediengruppe und die Mediengruppe Dumont Schauberg machen dies seit 2009/2010 mit Redaktionsgemeinschaften vor, die bis zu fünf eigenständige Zeitungen mit nahezu identischem Mantelteil beliefern. Im Oktober 2012 kündigte der Axel-Springer-Verlag an, die gemeinsame Redaktion von Welt-Gruppe und Berliner Morgenpost mit der des Hamburger Abendblatts zusammenzulegen. Das Gleiche ist ab Mitte 2013 für die Mantelredaktionen von Wiesbadener Tagblatt, Wiesbadener Kurier und Allgemeiner Zeitung (Mainz) geplant. Gleichzeitig investieren Unternehmen und PR-Agenturen steigende Summen, um ihre Inhalte in den Medien unterzubringen. Oft werden kommerzielle Inhalte dabei bewusst nicht als Werbung gekennzeichnet, sondern als journalistische Beiträge get arnt oder mit diesen vermischt, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. In Anbetracht der oben skizzierten Situation ist diese Strategie ausgesprochen erfolgreich, denn Redakteure haben immer weniger Zeit, zu recherchieren und Informationen zu prüfen. Sie sind auf vorproduzierte Inhalte angewiesen, die möglichst wenig kosten. PR-Material und versteckte Werbebotschaften kommen als angebliche Tests oder Lieblingsprodukte der Redaktion daher, in Form bezahlter Artikel oder gar ganzer Magazine, die Unternehmen herausgeben, die der Leser aber für journalistische Produkte hält.
2 - Der schwere Weg zur Transparenz: Zugang zu Behördeninformationen
Während das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Bürgern auf Bundesebene seit 2006 das Recht auf Zugang zu Behördeninformationen zuspricht, haben fünf Bundesländer nach wie vor kein eigenes IFG verabschiedet (Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern, wo aber in rund 50 Kommunen zumindest eigene Informationsfreiheitssatzungen existieren). In Baden-Württemberg versprach die grün-rote Landesregierung bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom April 2011, zügig ein IFG zu verabschieden – bis heute liegt jedoch nicht einmal ein Gesetzentwurf vor. In Thüringen einigten sich SPD und CDU Ende 2012 auf ein neues IFG, nachdem das alte ausgelaufen war. Dem gingen heftige Debatten voraus, denn ein erster Entwurf hatte vorgesehen, die kommerzielle Nutzung von Behördeninformationen zu verbieten, was das Gesetz für Journalisten ad absurdum geführt hätte. Während diese Passage in der Neufassung gestrichen ist, enthält das Gesetz immer noch zahlreiche Ausnahmen, die die Veröffentlichung amtlicher Informationen verhindern. Gute Nachrichten kamen aus Hamburg, wo im Oktober 2012 ein ausgesprochen fortschrittlich es Transparenzgesetz in Kraft trat. Die Hamburger Verwaltung muss demnach von sich aus Gutachten, Verträge und Senatsbeschlüsse online veröffentlichen, nicht erst auf Anfrage. Innerhalb von zwei Jahren soll zudem ein Informationsregister im Internet entstehen, in dem die Gehälter leitender Beamter oder die Daten von Unternehmen mit städtischer Beteiligung veröffentlicht werden.
In der Praxis werden die Informationsfreiheitsgesetze von einzelnen Behörden jedoch sehr unterschiedlich umgesetzt. Viele Journalisten klagen darüber, dass ihre Anfragen nur sehr langsam beantwortet werden, was aktuelle Berichterstattung erschwert oder gänzlich verhindert. Dazu kommen zum Teil bewusst hohe Gebühren der Ämter. Exemplarisch dafür steht die Anfrage zweier Journalisten, die das Bundesinnenministerium im Mai 2011 nach den Medaillenvorgaben der Sportverbände für Olympia befragten und dafür inzwischen mehr als 7000 Euro Gebühr bezahlten. Obwohl das IFG eine Bearbeitungsfrist von vier Wochen vorsieht, war der Antrag auch 14 Monate später noch nicht vollständig bearbeitet. Die Journalisten verklagten das Innenministerium deshalb im Juli 2012 vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf die Herausgabe der Medaillenziele – und bekamen Recht (http://bit.ly/MkklYP, http://bit.ly/Qxihjt).
4 - Sachsensumpf: Prozess gegen investigative Reporter
Am 1. August 2012 trat nach anderthalbjährigen Beratungen im Bundestag ein Pressefreiheitsgesetz in Kraft, das Journalisten bei investigativen Recherchen stärker vor staatlichen Übergriffen schützt. Sie können nun nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverratbelangt werden, wenn sie Material von Informanten aus staatlichen Stellen annehmen, auswerten oder veröffentlichen. Zudem dürfen Redaktionen nicht mehr durchsucht und Materialien beschlagnahmt werden – außer bei dringen dem Verdacht auf Beteiligung an einer Straftat. Hintergrund waren die Hausdurchsuchung beim Magazin Cicero 2005 und die Klage gegen einen freien Journalisten, der aus vertraulichen Akten des Bundeskriminalamts zitiert hatte. Das neue Pressefreiheitsgesetz schützt jedoch nur Redaktionsräume vor Durchsuchungen, nicht Büros freier Journalisten. Die Anstiftung zum Geheimnisverrat steht weiterhin unter Strafe, was Journalisten vor Probleme stellen kann, die aufgrund vager Hinweise recherchieren und Fragen stellen. Gefahr für die Sicherheit journalistischer Quellen geht zudem von der so genannten Vorratsdatenspeicherung aus, also der Archivierung von Verbindungsdaten von Computern und Mobiltelefonen zu Fahndungszwecken. Die pauschale, verdachtsunabhängige Speicherung solcher Daten hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Informanten nicht mehr mit Journalisten in Kontakt treten wollten, da sie Angst hatten enttarnt zu werden. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie von 2006, die Mitgliedsländer zur Speicherung solcher Daten verpflichtet. Daraufhin wurde in Deutschland ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, welches das Bundesverfassungsgericht jedoch 2010 für nichtig erklärte. Im Mai 2012 verklagte die EU-Kommission die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof. In der Debatte um ein neues Gesetz fordert Reporter ohne Grenzen, Verbindungsdaten nicht pauschal zu speichern, sondern erst bei konkretem Tatverdacht.
Der so genannte Sachsensumpf-Prozess gegen die Leipziger Journalisten Thomas Datt und Arndt Ginzel wurde im November 2012 in zweiter Instanz vor de m Dresdener Landgericht verhandelt. Die sächsischen Richter sprachen die beiden Journalisten am 11. Dezember vom Vorwurf der üblen Nachrede frei und setzten damit ein wichtiges Signal, dass das Strafrecht nicht gegen Journalisten eingesetzt werden darf. Sechs Tage später legte die Dresdner Staatsanwaltschaft jedoch Revision gegen das Urteil ein, sodass sich der Prozess nun weiter in die Länge zieht. Datt und Ginzel hatten 2008 über angebliche Kontakte hochrangiger sächsischer Justizbeamter ins Leipziger Rotlichtmilieu berichtet. Der Leipziger Polizeipräsident erstattete daraufhin Anzeige, im August 2010 wurden die beiden Journalisten zu je 2500 Euro Geldstrafe verurteilt. (http://bit.ly/W2ehZP)
5 - Neonazis und Islamisten drohen Reportern
Immer wieder werden Journalisten nach kritischen Berichten von radikalen Gruppen bedroht. In Spremberg wurden Anfang Mai 2012 die Redaktionsräume der Lausitzer Rundschau angegriffen, nachdem diese über ein Treffen von Neonazis berichtet hatte. Unbekannte besprühten die Glasfassade der Redaktion mit der Parole, Lügenpresse halt die Fresse!“ und beklebten sie mit großformatigen Fotos des Treffens, auf denen Vermummte mit Fackeln posieren. In der darauffolgenden Nacht beschmierten sie die Fassade der Zeitung mit Blut und den Innereien eines geschlachteten Tieres. Im Internet kursierten zudem mehrere Drohvideos radikaler Islamisten. Nachdem Fernsehsender im Mai 2012 Demonstranten der rechtsextremben Vereinigung Pro NRW mit Mohammed-Karikaturen gezeigt hatten, forderte ein in Pakistan lebender deutscher Islamist mit Blick auf die Reporter: „Lauert ihnen auf, tötet sie und verpasst i hnen eine Lehre, die sie nie vergessen!“ Gegen einen namentlich genannten Journalisten der Frankfurter Rundschau richtete sich ebenfalls im Mai das Video eines deutsch-tunesischen Salafisten. Er wolle, „auf eine Person aufmerksam machen, die seit langer Zeit gezielt gegen die Muslime und Prediger hetzt“, heißt es darin und weiter: „Wir besitzen eine Menge Daten von Dir. Zum Beispiel wissen wir, wo du wohnst, wir kennen Deinen Verein, wir besitzen deine Mobilfunknummer.“
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